tag:blogger.com,1999:blog-50671422024-03-23T11:15:11.275+01:00HaltungsturnenNiveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.comBlogger2231125tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-85381317456029504202024-03-07T09:25:00.002+01:002024-03-07T18:54:57.596+01:002028<div style="text-align: left;">Als sie die <a href="http://archive.is/lxDRf" target="_blank">Grünen nicht mehr bedienten</a></div><div style="text-align: left;">Hast du geschwiegen</div><div style="text-align: left;">Du warst ja nicht grün</div><div style="text-align: left;"> </div><div>Als sie der Bürgermeisterin die Scheibe einwarfen</div><div>Hast du geschwiegen</div><div>Du warst ja nicht in der Kommunalpolitik</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Als sie die Arbeitslosen in Zwangsarbeit schickten</div><div style="text-align: left;">Hast du geschwiegen</div><div style="text-align: left;">Du warst ja nicht arbeitslos<span><a name='more'></a></span></div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Als sie die Transkinder von der Schule verbannten</div><div style="text-align: left;">Hast du geschwiegen</div><div style="text-align: left;">Du hattest ja kein Transkind</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Als sie den Punk verprügelten</div><div style="text-align: left;">Hast du geschwiegen</div><div style="text-align: left;">Du warst ja kein Punk</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Als sie Pfarrerin niederbrüllten</div><div style="text-align: left;">Hast du geschwiegen </div><div style="text-align: left;">Du warst ja nicht evangelisch</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Als sie dem Biobauer die Felder verwüsteten</div><div style="text-align: left;">Hast du geschwiegen</div><div style="text-align: left;">Du warst ja kein Biobauer</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Als sie den Jungen mit den zwei Müttern aus der Mannschaft warfen</div><div style="text-align: left;">Hast du geschwiegen</div><div style="text-align: left;">Du warst ja heterosexuell</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Als sie Streiks verboten</div><div style="text-align: left;">Hast du geschwiegen</div><div style="text-align: left;">Du warst ja nicht in der Gewerkschaft</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Als sie dich wegen deines Leserbriefes holten</div><div style="text-align: left;">Gab es keine mehr, die protestierten</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(sehr frei nach Martin Niemöller)</span></div>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-34925169797806143292024-02-22T11:38:00.005+01:002024-02-22T11:55:35.976+01:00Gurren<p>Auf einmal hatte ich, als ich von den Weiden zurückkam, auf denen unsere Jungpferde stehen, so ein wohliges Gefühl im Magen. So ein Vertrauten, eine tiefe Erinnerung an die Kindheit. Obwohl ich hier ja nicht aufgewachsen bin und an mir Autos vorbeifuhren. Es verwirrte mich zuerst. Bis mir klar wurde, woher es kam.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>Es war das Gurren, schräg über mir, aus den Bäumen auf der anderen Straßenseite, der Allee, an der unser Hof liegt. Oben musste eine Taube sitzen. Tauben höre ich nicht mehr so oft. Was nicht nur daran liegt, dass ich vor allem in der Stadt oft Kopfhörer auf den Ohren habe, um den Grundlärm der Stadt zu ertragen. Sondern auch daran, dass sie nicht mehr so oft direkt in meiner Nähe gurren.</p><p>Irgendwann während meiner Kindheit gerieten Tauben in Misskredit, galten auf einmal als Ratten der Lüfte, als Problem in der Stadt. Bis dahin saßen sie in unserer Hochhaussiedlung und gurrten. Mich hatte dieses Gurren immer sehr beruhigt. Wenn es durch das Fenster hereinkam, das auf Kipp stand, während ich auf dem Fußboden saß und spielte. Oder mir Geschichten erzählte. Oder etwas später am Schreibtisch saß und die Tischplatte mit Spiralen anmalte, während ich in die Luft starrte. Das Gurren war mein Begleiter, war der Soundtrack meiner Selbstgespräche und meiner Fantasiewelten.</p><p>Und obwohl in meiner Jugend Tauben dann sehr wichtig waren und wir alle welche an den Jacken und Rucksäcken hatten als Sticker oder Anstecker, verschwanden sie nach und nach. Galten als schmutzig und eklig. Und ich vergaß das Gurren.</p><p>Allerdings nie ganz, offenbar. Denn das Gefühl, das damit verbunden war, und das für das tiefe Versenken in Geschichten stand, für etwas, das wir heute wohl als Flow bezeichnen würden, wenn wir darüber redeten, dieses Gefühl blieb. Und kam heute früh wieder hervor. Und machte mich sehr glücklich. </p><p>Abgesehen davon ist es ein tolles Wort, das so klingt wie der Ton selbst. </p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-66924229034009407532024-02-16T08:35:00.008+01:002024-02-16T08:35:00.142+01:00... und es wird so viel besser, jeden Tag<p>Gestern <a href="https://www.haltungsturnen.de/2024/02/mulmig.html">schrieb ich darüber</a>, wie mir dauernd das Herz in die Hose rutscht gerade. Und das ist ja auch oft so. Und dann sehe ich doch, wie viel besser so vieles wird, tatsächlich jeden Tag. Wie wir immer noch mehr sind, dauerhaft. Wenn ich lese und wiederlese und höre und erlebe, wie und wo überall Hoffnung und Veränderung ist, wie sich eine Zukunft Bahn bricht, die die, derentwegen mir <a href="https://www.haltungsturnen.de/2024/02/mulmig.html">mulmig</a> ist, nicht werden aufhalten können. Sie werden viele Menschen zu quälen versuchen, etliche töten, andere einsperren, schlagen, versuchen zu zerstören. Für die muss ich, will ich, werde ich kämpfen und für die werde ich diese bösen Menschen, die alles hassen, was ich liebe, hassen, worin ich eine Zukunft sehe, diese werde ich mit allem, was ich kann, bekämpfen. Denn sie werden nicht siegen. Niemals wieder.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>*****</p><p>Wenn vor Ort, hier vor Ort, die Linien bei Abstimmungen in den Gremien der Gemeinde nicht mehr zwischen Parteien verlaufen sondern am Alter entlang. Und die unter 60 eine so große Mehrheit haben, dass es voran geht. Dann macht mir das Mut, denn dann wird es besser, jeden Tag.</p><p>*****</p><p>Wenn ich mit der wunderbaren <a href="https://antjeschrupp.com/">Antje Schrupp</a> die Meldung, dass junge Frauen immer linker und junge Männer immer rechter werden, einmal gegen den Strich gebürstet lese, dann werde ich froh. Denn sie hat <a href="https://www.zeit.de/kultur/2024-02/politische-einstellung-unterschiede-geschlechter-10nach8/komplettansicht">keine Angst vor dem politischen Gendergap</a>, im Gegenteil – was wir da sehen, macht Mut, weil es zeigt, dass sich wirklich etwas ändert in den Gesellschaften. Auf eine Weise, die mir wichtig ist. Da wird was besser, jeden Tag. </p><p>*****</p><p>Wenn mich dann dieser Text von Antje daran erinnert, im Grunde wie <a href="https://www.linkedin.com/posts/luebue_haben-sie-manchmal-d%C3%A9j%C3%A0-vus-ich-k%C3%B6nnt-activity-7163832812997963777-ao4e?utm_source=share&utm_medium=member_desktop">gestern</a>, wie beim déjà-vu, <a href="https://www.haltungsturnen.de/2016/09/der-mann-der-verlierer.html">dass mir etwas ähnliches auch vor acht Jahren schon Mut gemacht hat</a>, dann ist das wunderbar. Weil einiges von dem, was ich mir da erhoffte, eingetreten ist. Damals, 2016, schrieb ich:</p><blockquote style="border: medium; margin: 0px 0px 0px 40px; padding: 0px;"><p style="text-align: left;"><span style="background-color: white;">Die hoffnungslosen Fälle werden wir ohnehin nicht mitnehmen können. Die einzige vernünftige Antwort auf die Erfolge der AfD scheint mir zu sein, mehr Feministinnen, mehr offen Homosexuelle, mehr Einwanderinnen in Führungspositionen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft zu bringen. Weil wir verdammt noch mal 2016 haben. Und mit den Autoritären zu streiten – nicht aber den Dialog zu suchen. Denn verloren haben wir sie ohnehin. Unser Streit mit ihnen zielt auf die andere Hälfte der AfD-Wählerinnen – die Hälfte, die für diese Gesellschaft noch nicht verloren ist. </span><a href="https://www.haltungsturnen.de/2016/09/der-mann-der-verlierer.html"><span style="font-size: x-small;">Die Deplorablen, 19.9.2016</span></a></p></blockquote><p>Und davon ist ja wirklich einiges eingetreten, anderes nicht, anderes tut immer noch Not. Aber es wird so viel besser, jeden Tag.</p><p>*****</p><p>Denn am Ende, am Ende wird es so viel besser, jeden Tag. Und das ist das neue Normal.</p><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/rxOpanZSMiE?si=iyx7GPxq7TaTdpBm" title="YouTube video player" width="560"></iframe>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-60891477850504854862024-02-15T15:11:00.003+01:002024-02-15T15:17:51.571+01:00Mulmig<p>Als mich vor ein paar Tagen ein Freund fragte, wohin wir auswandern, war das nicht wirklich lustig gemeint. In seinem Bezirk hatten gerade einige tausend Menschen eine Reichsbürgerin gewählt. Einige Tage vorher quoll zum ersten Mal der blanke Hass auf alles, was grün ist, aus dem Mund zweier Stammtischbrüder. Und wieder einige Tage später schäumten die WhatsApp-Gruppen der Berufskolleg*innen hier auf dem Land vor Wut, weil im NDR eine Expertin, die, wie sie meinten, noch nie eine Schaufel in der Hand hatte, sagte, dass ihr geliebter Anführer in der Vergangenheit schon mal rechtspopulistische Dinge gesagt hätte, was aber nicht stimme, weil er nämlich nicht rechts sei. <a href="https://taz.de/Falschbehauptungen-von-Anthony-Lee/!5986913/">Damit meinten sie so was offenbar, das nicht rechts sei</a>.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>****</p><p>Bis vor einem halben Jahr etwa begann mein Tag mit dem aktuellen Wetter und dann der Presseschau des Deutschlandfunks. So antwortete meine Alexa, wenn ich ihr einen guten Morgen wünschte. Erst hörte ich auf, es jeden Tag so zu machen, während ich mir den zweiten und den dritten Kardamomespresso zog. Dann hörte ich damit ganz auf. Seitdem beginnt mein Tag sehr viel besser und die Stimmung ist nicht gleich im Keller. Vor einem Jahr jedenfalls war es zuverlässig noch nur die Nürnberger Zeitung, die regelmäßig rechtsextreme Meinungen vertrat.</p><p>****</p><p>Seit einigen Wochen habe ich sehr <a href="https://www.linkedin.com/posts/luebue_haben-sie-manchmal-d%C3%A9j%C3%A0-vus-ich-k%C3%B6nnt-activity-7163832812997963777-ao4e?utm_source=share&utm_medium=member_desktop">deprimierende Déjà-Vus von 2015</a>. </p><p>****</p><p>Zum zweiten Mal in sechs Wochen hat ein <a href="https://www.threads.net/@erikmarquardt/post/C3VdA3EtOhL">Terrormob</a> Menschen, die ich kenne und schätze, so stark bedroht, dass eine völlig überforderte und unvorbereitete Polizei ihnen raten musste, einzuknicken. Nicht die <a href="https://www.haltungsturnen.de/2024/01/schluttsiel.html">Fähre zu verlassen</a> damals, ihre <a href="https://mstdn.social/@NaMi/111930714735348235">Veranstaltung abzusagen</a> diesmal. Ohne dass es zu Festnahmen kam oder Personalien der Terroristen festgestellt werden konnten oder wollten. Was weiß denn ich.</p><p>****</p><p>Was nützt es eigentlich, dass wir über alle Parteigrenzen hinweg vor Ort in der Gemeinde, in den Dörfern, miteinander reden und gute Dinge für unsere Dörfer machen können in der kleinsten Kommunalpolitik, wenn in Schlüttsiel oder beim Stammtisch dann auf einmal der Firnis reißt, weil er allzu dünn war?</p><p><a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rotterdam,_de_Verwoeste_Stad_IMG_1898_2018-03-18_14.21.jpg" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;" title="Michielverbeek, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons"><img alt="Rotterdam, de Verwoeste Stad IMG 1898 2018-03-18 14.21" src="https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/2/21/Rotterdam%2C_de_Verwoeste_Stad_IMG_1898_2018-03-18_14.21.jpg/128px-Rotterdam%2C_de_Verwoeste_Stad_IMG_1898_2018-03-18_14.21.jpg" width="128" /></a>****</p><p>Ich habe ein zunehmend mulmiges Gefühl. Noch hoffe ich und glaube es auch, dass mir die Öffentlichkeit eher hilft, dass es meine Lieben und mich eher schützt, dass ich seit über zwanzig Jahren nachlesbar und nachvollziehbar meine Meinungen sage und sichtbar bin. Aber wie lange noch? Wie wird es für meine Kinder sein, von denen einige auch äußerlich als das erkennbar sind, was sie sein wollen und wie sie sich sehen? Zumal ich zwar eine Antwort auf die Frage meines Freundes habe. Aber mit dem Land und (zumindest teilweise) vom Land lebe, das ich bewirtschafte. Und also nicht einfach so meine Zelte abbrechen kann.</p><p><br /></p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com3tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-42522286438995862912024-02-04T18:59:00.001+01:002024-02-04T21:38:06.947+01:00Herzlich Willkommen <p>Ich freue mich irre doll, dass so viele Menschen in den Widerstand gegen den Faschismus eingestiegen sind. Für viele, mit denen ich in den letzten Wochen sprach, ist es das erste Mal, dass sie bei diesem Thema aktiv werden. Dass dieser Widerstand, der die letzten 35 Jahre eher ein Nischendasein fristete, jetzt Massen erreicht, ist wunderbar. Und ich habe den Eindruck, dass die allermeisten, die seit vielen Jahren hier arbeiten und sich engagieren, mir zustimmen, wenn ich den neuen Mitstreiter*innen ein herzliches Willkommen zurufe. </p><p>In den ersten Wochen dieses massenhaften Widerstands war es auch so, wie erwartet: Menschen, die neu zur Bewegung kamen, schlossen sich an. Und waren mit ihren Plakaten und Schildern dabei. Trugen ihre Wünsche und Themen mit auf die Demos. Die waren dadurch bunt, fröhlich, engagiert, vielfältig. <span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>In den letzten Tagen erlebe ich allerdings – vor allem interessanterweise auf LinkedIn, bisher weniger auf der Straße und in der Kleinstadt – erstes <i>tone policing</i> von Neu-Anti-Faschist*innen. <i>Tone policing</i> heißt, dass Ton- und Wortwahl von (anderen) Aktiven kritisiert wird, und damit de facto ihr Engagement und ihre Erfahrung delegitimiert. </p><p>Das äußert sich vor allem in der Kritik, den Widerstand als „gegen Rechts“ zu bezeichnen. Und in der Kritik an explizit linken Redebeiträgen. Und während ich mich sehr ehrlich freue, dass der Widerstand sich verbreitert und mehr und mehr Menschen erleben, wie gut und wichtig es ist, dem Faschismus entgegenzutreten, ärgert mich der Versuch, nicht nur dazuzukommen – sondern den Widerstand gleich zu übernehmen und einer auf der Straße nicht zu spürenden Spaltung das Wort zu reden. </p><p>Am meisten irritiert mich, wenn das von Menschen kommt, die noch vor vier Jahren versucht haben, uns, die sich klar als Antifa positioniert haben, die Legitimation abzusprechen. Erinnert ihr euch noch an die Beschimpfungen, als wir „50 Jahre und Antifa“ schrieben? </p><p>Erinnert ihr euch auch noch daran, dass es in den letzten 35 Jahren nur drei Gruppen gab, auf die sich absolut verlassen konnte, wer gegen den Faschismus Position bezog? Das waren die interventionistische Antifa-Linke, die bürgerlich-linke Antifa und ein guter Teil der Hochverbundenen in den beiden großen Kirchen. Meine Erfahrung in diesen 35 Jahren war zumindest, dass hier immer Klarheit herrschte, bei bürgerlich-liberalen Gruppen oder Konservativen und auch bei den meisten Sozis und vielen Grünen aber nicht. Teilweise waren Gewerkschaften stabil, aber auch nicht alle und überall. </p><p>Es ist sicher kein Zufall, dass die „rechtesten“, die in den letzten Wochen die Demos vor Ort angemeldet haben, Grüne waren. Auch wenn, wie bei uns vor Ort und an vielen anderen Orten auf dem Land, die Aufrufenden bunt waren, bis hin zur CDU. Auch hier wieder spreche ich sicher für die meisten, die ebenfalls die letzten 35 Jahre aktiv waren, dass ich mich mega freue, dass ihr dabei seid, dass ihr mit einsteigt, dass Antifaschismus viele Menschen bewegt. Dieses Wochenende waren rund 15% der Bevölkerung meiner Kleinstadt auf dem Marktplatz. </p><p>Was ich schwierig finde, ist, wenn ihr Spätberufenen euch aufschwingt, uns langjährig Aktiven den Ton und die Worte vorzugeben. Wenn ihr euch dem Widerstand gegen Rechts und gegen den Faschismus anschließt, seid ihr Willkommen. Aber bitte schließt euch eben an. Viele von uns sind dabei auch zu Kompromissen bereit. Beispielsweise statt „rechts“ euch zuliebe „rechtsextrem“ zu sagen. Lasst uns darüber reden. Aber versteht bitte auch, wenn wir nach der Erfahrung mit euch die letzten 35 Jahre nicht sofort Hurra schreien, wenn ihr als erstes mal Forderungen stellt. </p><p>Und bitte nie vergessen: Antifa ist Handarbeit. </p><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/ntuOEEh4BwU?si=Hpuld0066x_wkU4e" title="YouTube video player" width="560"></iframe>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-52976640933640237422024-01-31T12:55:00.003+01:002024-02-01T14:59:15.282+01:00Reif<p>Schon lange interessiere ich mich nicht mehr für Fußball. Irgendwann kurz nach 2006 war das bei mir vorbei. So lange mein Großer noch spielte, war ich hin und wieder mal mit ihm irgendwo. Und so lange mein Opa noch lebte, habe ich das eine oder andere aus dem Augenwinkel verfolgt, weil ich mich darüber mit ihm, dem Fußballspieler, dem "Bomber von Barmbek", dem so sehr unter dem Niedergang des HSV leidenden, unterhalten können wollte. Dann hörte ich noch den 11-Leben-Podcast, aber da ging es ja nicht wirklich um Fußball.</p><p>Aber ich bin ja mit Marcel Reif aufgewachsen. Beckmann später habe ich ja wirklich gehasst als Kommentator, aber Marcel Reif war immer da. Zumindest fühlt es sich so an. Ich weiß ja nicht wirklich irgendwas darüber. Könnte nicht mal sagen, ob ich ihn als Kommentator gut fand, das waren ja damals keine Kategorien, in denen ich fernsah.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>Heute, als ich <a href="https://www.juedische-allgemeine.de/politik/haette-ich-ihn-fragen-sollen/">seine Rede vor dem Bundestag</a> las, wurde mir klar, dass ich wirklich gar nichts über ihn wusste. Vor ein paar Tagen war mir aufgefallen, aber eher so, dass ich dachte, ach, das wusste ich ja gar nicht, dass hinter seinem Namen stand, mit einem Komma abgetrennt, "der Sohn eines Holocaust-Überlebenden". Ich erinnere mich noch, dass ich irgendwie zuckte. Aber ich habe es nicht wirklich registriert. Bis die wunderbare <a href="https://www.linkedin.com/in/nicola-karnick/">Nicola Karnick</a> heute diese Rede verlinkte und daraus zitierte. </p><p>Was für eine Geschichte, was für ein Mensch, was für Worte. Es hat mich sehr berührt, das zu lesen, was er da gesprochen hat. Sehr. Und gibt mir Nahrung für Gedanken und Gefühle und Hoffnung und Zorn und Trauer und Freude für mehr als nur den Rest dieses Tages. Vielleicht auch gerade durch die Beiläufigkeit, in der diese Biografie in meinen Alltag hereinbricht.</p><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/X8QWdOTyhpo?si=lx5baOUMiTCyR3cJ" title="YouTube video player" width="560"></iframe>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-2284450895955671542024-01-30T09:12:00.005+01:002024-01-30T09:12:30.156+01:00Was ist was<p>Als ich gestern Abend darüber las, dass der <a href="https://www.tessloff.com/Demokratie.html">Verlag in einer irre schnellen Hauruck-Aktion eine Kurzversion eines Was-is-was-Buches über die Demokratie</a> geschaffen und zunächst zum Download zur Verfügung gestellt hat und auch druckt und ausliefert, war ich sehr begeistert. Nicht nur, weil sie dies gemacht haben, so schnell, so gut, so engagiert, so richtig. Sondern auch, weil ich die <i>Was ist was</i> liebe. Seit ich ein Kind war, liebe. </p><p>Viele viele Jahre habe ich jeden Geburtstag und jedes Weihnachten und ganz selten auch mal zu Ostern einen Band bekommen. Und mir zig andere aus der Bücherhalle ausgeliehen. Sie verschlungen und immer wieder gelesen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Bücher den Grundstein für das höchste Lob gelegt haben, das ich später von meinem Deutschlehrer als Tadel bekam, der mich zu anstrengend fand, obwohl ich gut in seinen Fächern war. Der jedenfalls in mein Zeugnis schreiben ließ: "Wolfgang interessiert sich manchmal allzu sehr für am Rande liegende Spitzfindigkeiten". <span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>Jedenfalls las ich die Bücher und habe dabei gelernt, mich an Details irgendwie im Hinterkopf zu erinnern. Weil sie mich, wie Herr Schallert wirklich gut erkannt hat, tatsächlich interessierten. Meine Neugier und mein relativ breites Allgemeinwissen haben, davon bin ich überzeugt, diese Bücher sehr geprägt.</p><p><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEivOz_3A-47d8hPkrwJoycS_hyg8MrvuArQ3k19KRPsItmAuY4Yl0qYjg8cYW6n1AWclJx5TxqeBdjcg6w24cXajMtSTXtKLbkn8Tp9UraSIbRFKVtp30rakvvMXzfc1c8-d3OWU-GZkGocfrsHdPbI6vgWPE39On0DItF8n-uqdyYRYe94omkA1g/s411/3788603003g.jpg" style="clear: right; display: inline; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em; text-align: center;"><img alt="Titelbild des "Was ist was" Bandes über Kreuzzüge" border="0" data-original-height="411" data-original-width="298" height="320" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEivOz_3A-47d8hPkrwJoycS_hyg8MrvuArQ3k19KRPsItmAuY4Yl0qYjg8cYW6n1AWclJx5TxqeBdjcg6w24cXajMtSTXtKLbkn8Tp9UraSIbRFKVtp30rakvvMXzfc1c8-d3OWU-GZkGocfrsHdPbI6vgWPE39On0DItF8n-uqdyYRYe94omkA1g/w232-h320/3788603003g.jpg" width="232" /></a>Die schönste Geschichte rund um <i>Was ist was</i> habe ich allerdings noch nie erzählt. Naja, heute früh auf LinkedIn, aber sonst noch nie. Weil sie damals einfach etwas peinlich war.</p><p>Die zwei Meter im Bücherregal mit diesen Kinderbüchern habe ich die ersten paar Umzüge immer mit mir rumgeschleppt. Und immer mal wieder drin geblättert. Während meiner Examensvorbereitungen auch, obwohl wir es damals noch nicht prokrastinieren nannten. Das theologische Examen war damals (wie es heute ist, weiß ich nicht) ein ziemlicher Ritt. Nach der großen wissenschaftlichen Arbeit kamen Klausuren in allen Teilfächern, alle innerhalb von zwei Wochen, und mündliche Prüfungen in ebenfalls allen Teilfächern, alle an einem Tag. Mut zur Lücke war da wichtig. Meine Lücke war nicht so geschickt, weil ich in der mündlichen Prüfung im Neuen Testament nicht mal den (super bekannten) Text aus dem Griechischen richtig übersetzen konnte, aber das ist eine andere Geschichte.</p><p>In Kirchengeschichte konnte alles drankommen. Was bei 2.000 Jahren Kirche schon eine Menge ist. Da hat mir Band 60 von <i>Was ist was</i> gute Dienste geleistet. Denn meine Spezialisierung über die Kreuzzüge habe ich weitgehend daraus bestritten. Und dann einige Details noch mal in neuerer wissenschaftlicher Literatur nachgelesen. Aber das Irre war, und das zeigt, wie gut die da bei <i>Was ist was</i> waren und bestimmt auch noch sind; das Irre also war, dass dieses Kinderbuch stimmte und eigentlich alle wichtigen Fragen, Fakten und Abläufe so kompakt und perfekt dargestellt hatte, dass es das Examenswissen für dieses Fach wirklich abbildete.</p><p>Nicht nur dafür werde ich ewig dankbar sein. <br /></p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-64303012912927935422024-01-14T22:35:00.005+01:002024-01-14T22:44:26.839+01:00Mut nach einer grauenvollen Woche<p>Die Woche geht so zu Ende, dass ich wieder Mut fasse. Sie war eine Achterbahnfahrt, emotional und auch in vieler anderer Hinsicht: Ein Pferd, das (vorerst) dem sicheren Tod von der Schippe gesprungen ist; das Entsetzen über das, was vor Ort und im Land politisch passiert; die große Freude am Ende über die vielen, vielen Menschen, die heute, am Sonntag, aufgestanden sind und sich in die Innenstädte begeben haben.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>Ausgelöst durch den Stress des Terror-Dienstags (was aber "nur" der Auslöser war, nicht die Ursache, die sich aber sicher nur post mortem feststellen ließe), hat eine unserer Stuten eine Darmentzündung. Drei Tage lang mit einer Überlebensprognose im unteren einstelligen Prozentbereich. Und dann fing sie plötzlich an, ein winziges bisschen zu fressen. </p><p>Heute haben wir sie nach Hause geholt, weil anzunehmen ist, dass ihr die gewohnte Umgebung und ihre Herde gut tun werden. Was für eine Erleichterung. Wir fuhren in die Klinik, um eine andere Entscheidung zu treffen – und erlebten ein Wunder. Weniger war es nicht. Jetzt ist noch viel bangen. Aber eben auch Hoffen. Und das macht Mut. Und Arbeit. </p><p>***</p><p>Am Morgen das Entsetzen über ein <a href="http://archive.is/IcBvl" target="_blank">Interview des örtlichen Organisators </a>der Proteste der Landwirt*innen in unserem Landkreis. Er <a href="https://www.threads.net/@luebue/post/C2E39zKMU3N/?igshid=MzRlODBiNWFlZA==">betet</a> dabei die Sprechtexte und Programmpunkte der Nazis der AfD runter. Und hält sich für nicht rechts. Etwas, das ja ohnehin zurzeit bei vielen sehr auffällt. </p><p>Und am Nachmittag, während die Trecker-Gruppe Ahrensbök in vollem Ornat (stramme Flaggen und aggressive Plakate, die teilweise zu Gewalt aufriefen, beispielsweise dies mit der Faust, die zuhaut, und dem Soruch „die grüne Welle brechen“) wieder auf unserer Straße patrouillierte, versammelten sich in vielen, vielen Städten Menschen, um gegen Nazis und Rechte und die AfD aufzustehen. In fast jeder Stadt waren das ironischerweise mehr Menschen als alle Bauernproteste der gesamten Woche bundesweit zusammengerechnet. Das macht so richtig Mut. Danke. </p><p>***</p><p>Angesichts von Facebook-Kommentaren unter dem <a href="https://www.ln-online.de/lokales/ostholstein/bauernproteste-laerm-der-trecker-und-lkw-verstoert-pferde-an-l-184-bei-eutin-P5UVC3PBZZE6DJMML64SJ7JXAU.html" target="_blank">Artikel der Lübecker Nachrichten</a> und angesichts der Troll-Kommentare hier im Blog, die ich löschen musste (looking at you, Gudrun Peters und Waldemar Brunnen und euch andere anonyme), war mir schon etwas mulmig, dass ich es gewagt hatte, eine Aktionsform hier bei uns zu kritisieren. Die Stimmung ist so aufgeheizt, die meisten haben wirklich echte Angst, etwas zu sagen. Und wir wollen ja auch mit unseren Nachbar*innen befreundet bleiben. </p><p>Und dann bekomme ich ganz viele Nachrichten von Menschen im Landkreis und hier von den Dörfern, die sich bedanken, dass ich was sage. Bis sie von mir lasen, dachten sie, sie wären allein mit ihrem mulmigen Gefühl. Mit ihrer Sorge oder Kritik. Die Schweigespirale ist im vollen Gange. Aber diese Nachrichten machen mir Mut. </p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com3tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-56140601157148040532024-01-11T14:37:00.007+01:002024-01-11T16:36:54.214+01:00Ab jetzt ist es nur noch ein Umsturzversuch<p>Ja, liebe Landwirtschaft-Kolleg*innen, wir, die wir nicht eurer Meinung sind oder vorher waren, haben verstanden, was euch umtreibt und was ihr wollt. Darum ist es gut, dass ihr demonstriert habt und einige Tage lang quasi alle Seiten der Lokalzeitungen hier auf dem Land gefüllt habt mit euren Positionen und Aktionen. Und ich finde einige Protestformen richtig toll. Beispielsweise die Gummistiefel, die ihr an die gelben Ortseingangsschilder hier auf den Dörfern gehängt habt. Das finde ich kreativ, das bringt mich zum Lächeln, das macht euer Anliegen deutlich wie kaum etwas anderes.</p><p>Ja, ich kann verstehen, dass ihr eine Sternfahrt mit euren Maschinen gemacht habt. Etwas weniger verstehen kann ich, dass ihr froh wart, dass viele Fuhrunternehmen und Handwerksbetriebe mit euch gefahren sind – vor allem, weil die meisten unappetitlichen Fahnen und Aufkleber die letzten Tage nicht an euren Treckern waren sondern an deren Autos. Aber am Ende müsst ihr ja selbst wissen, mit wem ihr euch verbünden wollt.</p><p>Und damit sind wir bei dem, was mich gerade umtreibt. Denn es sind vor allem zwei Dinge, die mich bestürzen. Zum Einen, dass ihr immer und immer weitermacht und wie ihr das macht. Und zum Anderen, was der Tonfall und der Zungenschlag inzwischen sind. <span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>Wenn ich mit anderen Tierhalter*innen spreche (und das tue ich recht viel in den letzten Tagen), berichten die fast alle das Gleiche: ihre Tiere, unsere Tiere, sind völlig durch den Wind. Nicht nur die Pferde, die ja sensible Fluchttiere sind. Auch die Hunde und sogar unsere Hühner. Der ununterbrochene Lärm lauter Maschinen und Traktoren und die fast ununterbrochen laufenden Rundumleuchten (für euch in der Stadt: die gelben Blinklichter) zusammen mit dem sehr intensiven Hupen, das den gesamten Tag seit Montag zu hören ist, machen die Tiere wuschig und nervös. </p><p>Selbst meine Pappschilder, mit denen ich euch an "meiner" Landstraße gebeten habe, nicht zu hupen und das Blinklicht auszumachen, wenn ihr an den Weiden meiner Jungpferde vorbeifahrt, von denen einige inzwischen stressbedingt krank sind; selbst diese Pappschilder haben nichts gebracht. Einmal hab ich einen Aufmarschführer sogar angehalten und es ihm erklärt, ohne dass es irgendeinen Effekt hatte. Finde ich wirklich enttäuschend von Menschen, die sonst immer von sich behauptet, Tierwohl im Fokus zu haben. Ihr habt bei uns Tierhalter*innen diese Woche echt viel kaputt gemacht. Naja, die von euch, die selbst Tiere haben, waren ja auch nicht jeden Tag dabei, denn sonst wären ja ihre Tiere verhungert.</p><p>Ich denke, was ihr von "der Politik" und von der Gesellschaft wollt, das habt ihr deutlich machen können, das haben wir anderen auch zum großen Teil verstanden. Die meisten am Montag, die letzten gestern, denke ich. Die Mehrheit sieht das anders als ihr. So ist das manchmal in einer Demokratie. Die Mehrheit sieht auch fast alles anders, was ich mir wünsche und was mir wichtig ist. Darum bin ich politisch aktiv und mache Wahlkampf und engagiere mich in der Lokalpolitik. Manchmal überzeuge ich mehr Menschen, manchmal wählen die Partei, für die ich mich engagiere, sogar die meisten, wie bei der Bürgermeisterwahl in unserer Kreisstadt. </p><p>Eine Woche lang das ganze Land mit Lärm, Schmutz und Störung zu überziehen, auch, wenn allen klar ist, was die eigene Position ist, wäre eigentlich im Wortsinne Terror (was ja "Angst und Schrecken" bedeutet). Zumindest unsere Tiere empfinden es so. Und wir angesichts von Truppenbewegungen in alle Richtungen den gesamten Tag vor unserem Haus.</p><p>Noch mehr Angst machen mir allerdings Tonfall und Zungenschlag. Galgen habe ich persönlich hier bei uns keine gesehen. Aber quasi jedes Schild, das gestern von der Sternfahrt nach Lübeck zurückkam, vorne am Trecker befestigt, hatte eine durchgestrichene Ampel drauf oder irgendeinen Spruch mit Hampel-Ampel oder einen, der klarstellte, dass die Regierung weg muss. Eine Regierung, die eine satte Mehrheit bei den Wahlen bekommen hat und eine satte Mehrheit im Parlament. Und der Bauernpräsident, der sich noch wortreich von Rechtsradikalen abgegrenzt hat vor ein paar Tagen, schlägt eindeutig rechtsradikale Töne an, wenn er "der" Berliner Politik vorwirft, sie habe "nie gearbeitet, ... nie geschwitzt". Das ist purer Faschismus in der Sprache. Seine Krokodilstränen, die Rechten würden seine Demos unterwandern, sind damit als das entlarvt, was sie offenbar (ich hatte so gehofft, dass es anders wäre) von Anfang an waren: reine taktische Äußerungen. Weil er mit den Rechtsradikalen gemeinsam hat, dass er die demokratischen Parteien verächtlich macht und die Demokratie sturmreif schießt.</p><p>Das, was diese Woche passiert ist auf unseren Straßen, waren keine Demos sondern ein Umsturzversuch. Dass dieser Umsturzversuch nur maximal 10% der Teilnehmer*innen einer beliebigen Klima-Demo auf die Straße bekommen hat, macht mir Mut. Angst macht mir dagegen, dass ich außer von einigen bäuerlichen Jugendorganisationen keine Kritik am Vorgehen und am Tonfall des Aufstands höre. Und dass auch im Alltag vernünftig wirkende Kolleg*innen weiterhin am Umsturzversuch teilnehmen, dass sie – das unterstelle ich einmal, weil ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass es anders ist – das, was sie tun, nicht als Umsturzversuch ansehen, nicht erkennen, wie sie die Demokratie kaputt machen, wie sie einem Mobster-Verhalten in der Politik das Wort und die Tat reden.</p><p>Ich glaube nicht, dass die Landwirt*innen, die heute immer noch mitmachen, schon ganz für die Demokratie verloren sind. Ich will das nicht glauben. Darum verabrede ich mich mit einigen auch für die nächste Woche und die nächsten Tage, damit wir unsere Positionen austauschen und einander zuhören. </p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com3tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-73389828482905407152024-01-08T14:51:00.007+01:002024-01-09T18:28:42.398+01:00Aufstand<p>Wir leben ja an einer der Landstraßen, die heute (und wenn ich es richtig verstehe, auch in den kommenden Tagen) dafür genutzt werden, dass die Dieselschleudern derer, die heute demonstrieren, und derer, die heute ihren Aufstand beginnen, den gesamten Tag auf und ab fahren. Immer zwischen Stockelsdorf (oder Ahrensbök? Weiß ich nicht genau) und Eutin hin und her. Nun ja. Die Straße ist ja auch vor kurzem auf der kompletten Länge neu gemacht worden, da lohnt es sich wenigstens.</p><p>Das, was ich von anderen Orten höre, sehe ich hier auch, wenn ich aus dem Fenster gucke, während ich am Schreibtisch sitze, denn das geht auf die Landstraße raus: etwa zwei Drittel der Fahrzeuge sind LKW und Transporter, ein Drittel Traktoren. Rund 20% mit Transparenten, nur einige wenige mit Flaggen (meist schwarz-rot-gold, einige mit Reichsadler drauf). Teilweise sind es ganze Fuhrparks. <span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>Besonders unangenehm fällt der gesamte Fuhrpark des Stockelsdorfer Recycling-Unternehmens <a href="https://www.recycling-wentorp.de/startseite.html">Wentorp</a> auf, der etliche Male in Kolonne an unseren Weiden vorbei fuhr und dabei so intensiv hupte, dass unsere Pferde völlig durchdrehten. Soviel zum Bauernprotest. Gerade bei diesem Wetter, wo sie versuchen, weniger Energie zu verbrauchen, ist es echt nicht lustig, sie alle paar halbe Stunden massiv aufzuregen. </p><p>Die meisten sitzen nur in ihren Traktoren oder anderen Dieselschleudern und fahren. Und ja, mir ist eher fremd, dass sie immer hin und her fahren, aber dass dies eine Form des Protests sein kann, sehe ich schon irgendwie ein. Auf der Landstraße fahren sie immerhin nicht die Gemeindestraßen kaputt, für die ich als Mitglied im Bau-, Verkehrs- und Umweltausschuss mit zuständig bin.</p><p>Schwierig sind die mit den Plakaten. Die meisten, die bei uns rumgefahren werden, sind Teil des Aufstands und nicht der Demonstration. Das ist vor allem deshalb übel, weil die anderen, die ohne Plakate, ja mit ihren Anliegen nicht in der gleichen Weise sichtbar sind. Auffällig ist also wieder einmal, dass die Trittbretfahrer*innen (ja, meistens im Trecker unterwegs interessanterweise hier bei uns), die die Proteste zum Aufstand gegen die Regierung und gegen den Staat nutzen wollen, eben die lauteren, die sichtbareren sind. Es gelingt den anderen nicht, sich hinreichend von denen abzugrenzen – und sei es mit eigenen Plakaten, die ihren eigentlichen Anliegen Aufdruck verleihen.</p><p>Was zu sehen ist, sind überwiegend Sprüche wie "Die Ampel muss weg, damit wir leben können" oder einfach nur "Die Ampel muss weg" oder "<strike>Rot Gelb Grün</strike>". Da geht es nicht mehr um Inhalte, da geht es darum, die demokratisch legitimierte Mehrheit weghaben zu wollen. Es ist nicht so krass wie in Berlin auf Fotos zu sehen ist, aber es ist der Beginn eines Aufstands gegen die Demokratie. Gegen die Ergebnisse von Wahlen. Vor allem, wenn behauptet wird, dass die Mehrheit in dieser Demokratie für den eigenen Tod verantwortlich sei. Das ist wirklich dünnes Eis.</p><p>Um es klar zu sagen: ich teile einiges an der Kritik an der aktuellen Landwirtschafts-, Subventions- und Finanzpolitik. Die Probleme, die sich durch die Jahre der CSU- und CDU-Minister*innen aufgetürmt haben, sind gewaltig, Frau Büüsker hat dazu wie immer <a href="https://open.substack.com/pub/uedio/p/warum-die-bauernschaft-wutend-ist?r=26eif&utm_campaign=post&utm_medium=email">verständlich und kompetent und erschöpfend etwas gesagt </a>(unbedingte Leseempfehlung, weil sachlich und nicht politisch). Daraus aber einen Aufstand gegen eine Regierung abzuleiten, ist perfide und will eine andere Gesellschaft. Dass die Kolleg*innen hier bei uns im Landkreis und in unseren Dörfern das nicht sehen oder nicht sehen wollen, macht mich ratlos, traurig und verzagt.</p><p><b>UPDATE 9.1.:</b> Heute sind deutlich weniger Trecker und Trucker unterwegs. Sie fahren immer noch hin und her, teilweise sind es auch andere. Vorweg heute ein Trecker mit dem großen Vorderlader-Plakat der m.E. rechtsradikalen, mindestens aber rechtsoffenen Vereinigung "Land schafft Verbindung", dahinter einige andere Trecker. Es gibt keine Distanzierung von dieser radikalen Gruppe.</p><p style="text-align: left;"><b>UPDATE 9.1., abends:</b> Ergebnis von zwei Tagen Aufstände der Bäuer*innen auf unserer Landstraße mit Hupen, Lärm und Blinklichtern an der Weide: ein Pferd mit Kolik, eines mit Durchfall, beides wegen massivem Stress und Unruhe in der Aufzuchtherde. Danke für nichts.</p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-26058139390265978332024-01-05T08:53:00.004+01:002024-01-05T09:42:31.812+01:00Schlüttsiel<p>Das, was gestern Nacht hier bei uns in Schleswig-Holstein, in Schlüttsiel an der Nordsee, passiert ist, kann zu einem Wendepunkt werden und zu einen <i>defining moment</i> für Teile unserer Generation, zumindest für die linksliberalen Teile, denke ich. Denn am Umgang des Staates mit dem Anschlag radikalisierter Landwirt*innen auf einen Bundesminister kann sich entscheiden, ob nach den Autoritären auch viele Linksliberale für den demokratischen Meinungsstreit verloren werden.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>Gestern Abend haben sich selbstradikalisierte und sich in Messenger-Gruppen organisierende Bäuer*innen erst auf den Weg gemacht, um Robert Habeck auf seinem Rückweg vom Familienurlaub abzupassen, dann mit ihren Treckern den Fähranleger in Schlüttsiel so blockiert, dass niemand von der Fähre runterkonnte. Als der Minister "nur" einige von ihnen zu einem Gespräch auf die Fähre eingeladen hatte, sich aber nicht zu ihnen aufs Festland begeben durfte, weil der Personenschutz die Situation für zu gefährlich für ihn und sich hielt, haben sie versucht, die Fähre zu stürmen. Nur dem Einsatz der Polizei und des Fährpersonals ist zu verdanken, dass dieser Anschlag vereitelt werden konnte.</p><p>Dafür, dass die Polizist*innen vor Ort so klar standen, bin ich sehr dankbar. Ich weiß, dass es kein leichter Einsatz ist, sich Onkel Johann oder Jan, mit dem ich zusammen zur Schule gegangen bin, entgegenzustellen. Hier auf dem Land kennen wir uns, über politische und gesellschaftliche Grenzen hinweg, die in der Stadt existieren.</p><h4 style="text-align: left;">Der Staatsschutz ist gefragt</h4><p style="text-align: left;">Ich habe noch in der Nacht und auch heute früh bei vielen ein großes Entsetzen über diesen Anschlag gesehen. Und ich hoffe, dass sich die Bauernverbände und auch die Landwirt*innen, die für die kommende Woche eigentlich das Land lahmlegen wollten, heute im Laufe des Tages klar positionieren. Angemessen wäre sicher ein Moratorium für die Proteste, um etwas runterzukommen und Wege zu finden, dem Terror, den einige der Kolleg*innen verbreiten, entgegenzutreten. Denn ich erlebe hier in den Dörfern auch, wie der Rückhalt für die Proteste gerade massiv bröckelt, auch und gerade bei den Alten. Und auch bei vielen Landwirt*innen, nicht nur denen im Nebenerwerb, wie ich einer bin.</p><p style="text-align: left;">Vor allem aber halte ich es für wichtig, dass diejenigen, die unseren um ihre Zukunft besorgten Kindern in den letzten Monaten den Staatsschutz auf den Hals gehetzt haben, dieses jetzt auch sehr zügig für diesen Terror fordern. Und dass der Staatsschutz übernimmt. Ein Anschlag, eine massive Bedrohung eines Ministers und anderer Unschuldiger ist kein Protest. Vor allem die politisch aktiven Menschen, die eher konservativ aber nicht autoritär sind (und das sind zumindest bei uns vor Ort und auf dem Land immer noch die allermeisten Konservativen), sind jetzt gefragt: wie sie sich positionieren und verhalten, wie aktiv und klar sie sich vom Terror dieser radikalisierten Landwirt*innen distanzieren, wird bestimmen, wie es mit Demokratie und Meinungsstreit in unserem Land weitergeht.</p><p style="text-align: left;">Durch vieles, was in den letzten Monaten passiert ist und diskutiert wurde, ist das Vertrauen von Linksliberalen darein, dass Staat und Gesellschaft die Demokratie zu verteidigen bereit und in der Lage sind, angeknackst. Nach Schlüttsiel haben Staat, Politik und Staatsschutz und Justiz die große Chance, dieses Vertrauen zu stabilisieren – und die große Gefahr, es sehr stark zu erschüttern. Wenn "der Staat" nicht mindestens mit der gleichen Härte gegen diesen Terror vorgeht wie gegen die Proteste der Letzten Generation, wird er "uns" Liberale verlieren. </p><p style="text-align: left;">Deshalb ist Schlüttsiel ein Wendepunkt, denke ich. Und kann ein <i>defining moment</i> werden. Auch mir, einem durch und durch optimistischen Menschen, fällt dieser Optimismus gerade schwer. Ich hoffe, ich bange, ich bin angespannt. Aber noch mag ich nicht aufgeben. Denn ich lebe von und mit dem Land. Ich lebe gerne mit den Menschen hier bei uns in den Dörfern. Ich schätze sie und kann mit ihnen reden und diskutieren. Auch wo wir nicht einer Meinung sind, hören wir einander zu. Bitte macht das jetzt nicht kaputt. Macht unser Land nicht ganz kaputt.</p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com9tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-81473074219711286652024-01-04T09:26:00.008+01:002024-01-04T10:04:12.342+01:00Im Regen<p>Ja, ich weiß, dass diese Form von Regen und Überschwemmungen nicht überraschend oder unvorhergesehen kommt. Alles, was es zum Wasser in Norddeutschland zu wissen gibt, <a href="https://www.spektrum.de/news/hochwasser-fuer-niedersachsens-deiche-wird-es-kritisch/2202941" target="">hat Lars Fischer ja aufgeschrieben</a>. Wir haben auch auf zwei unserer Weiden jedes Jahr jeweils einen See. Die nutzen wir darum im Winter nicht.</p><p>Aber so ein irrer Tag im strammen Dauerregen ist dennoch selten bei uns. Vor allem nach einer Phase, in der ohnehin schon sehr viel Wasser da war. Interessanterweise war es gar nicht so übertrieben viel Regen, "nur" 33mm in 24 Stunden. Klingt mittelviel, wobei der letzte, nasse Monat auch nur insgesamt knapp 50mm gebracht hatte. Aber das Wasser fließt nicht ab. Und das, obwohl weiter unten ein gutes Stück des Flusses, zu dem der Bach, der durch unsere Weiden fließt, der Quellfluss ist, mit neuen alten Auen versehen und renaturiert wurde. Wir sind also relativ gesehen gut dran. <span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>In den Nachbardörfern war gestern richtig Land unter, eines der Dörfer liegt super ungeschickt in einer Senke zwischen den Feldern, die kein Wasser mehr aufnehmen konnten - und lief voll. Auch nicht das erste Mal, wir müssen uns auf die veränderte Verteilung der Niederschläge einstellen, siehe den Artikel oben.</p><p>Diese Trostlosigkeit drückt auf die Stimmung, wenn es nicht richtig hell wird und den gesamten Tag der Regen auf das Blechdach des Hauses fällt. Wenn die Pferde, die der Regen an sich nicht stört, denn sonst würden sie sich ja – die Möglichkeit haben sie bei uns – unterstellen, wenn die Pferde also aussehen, wie ein nasser Hund. Erstaunt bin ich jedes Mal bei solchem Wetter, wie langmütig sie dabei bleiben und dass sie nicht kalt werden. Islandpferde halt, bei denen bleibt ja auch der Schnee auf dem Fell liegen, wenn es kalt ist, weil sie so gut isoliert sind mit ihrem Unterfell.</p><p>Selbst auf dem Hügel, auf dem unser Hof steht, ist der Boden vollkommen aufgeweicht. Tiefe Furchen hinterlässt der Trecker selbst auf normalerweise befestigten Wegen. Das Wasser kann nirgendwo hin.</p><p>Tage wie diese machen mir deutlich, dass es längst nicht mehr in erster Linie um Klimaschutz geht. Sondern um Klimaanpassung. Und da sind wir, von der Kommunalpolitik bis hin zu Europa, noch schlechter als beim Klimaschutz. Und da sind wir ja schon unterirdisch und zum Verzweifeln. Aber wenn es Straßenzüge und ganze Dörfer gibt, die jedes Jahr überspült werden, bleibt es Wahnsinn, hier noch weitere Wohnhäuser zu bauen oder wieder aufzubauen. Oder – was allerdings ohnehin fast nur Zugereiste machen – mit Keller zu bauen.</p><p>Und jetzt kommt, bevor auch nur einer der Seen auf unseren Wiesen und Feldern abgeflossen ist, der Schnee.</p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-53299548846343207242023-11-20T16:49:00.002+01:002023-11-21T09:44:35.158+01:00Trotz<p>Ja, Trotz ist das Wort, das mir als erstes einfällt, wenn ich der gerade zurückgetretenen Ratsvorsitzenden der EKD zuhöre. Sie sei mit sich im Reinen, sie habe im Grunde keine Fehler gemacht, ominöse, anonyme Feind*innen schürten, so legt ihre Formulierung nahe, einen Konflikt zwischen Opfern und ihr als Amtsträgerin. Um es klar zu sagen (und ohne dass ich inhaltlich weiß, was Frau Kurschus konkret vorgeworfen wird, was ihre Rolle dabei war, dass Missbrauch in ihrer direkten Umgebung möglich war, und so weiter) – die Art ihrer Rücktrittserklärung und ihre, ja, trotzige Verletztheit lassen mich zu dem Schluss kommen, dass es gut ist, dass sie zurück getreten ist. </p><p>Zumal mich ihre Erklärung und ihr Tonfall <a href="https://www.haltungsturnen.de/2010/07/die-bischofin-muss-zurucktreten.html">erschreckend</a> an den <a href="https://www.haltungsturnen.de/2010/07/es-wird-zeit-zu-gehen-maria-jepsen.html">Rücktritt</a> meiner Bischöfin Jepsen damals, im Juli 2010, erinnern. Aber der Reihe nach.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>Hier erstmal ihre Rücktrittserklärung, auch <a href="https://www.ekd.de/ruecktritt-annette-kurschus-81672.htm">dokumentiert</a> auf der Seite der EKD:</p><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/DNbhrUnHDwA?si=H58dtwkR0yRMvze1" title="YouTube video player" width="560"></iframe><p style="text-align: left;">Selbst gucke ich ja auch als Kommunikator auf diesen Rücktritt – mit dem ich meiner Erfahrung mit der evangelischen Kirche sei Dank heute auch gerechnet habe, nachdem ich heute früh die Medienberichterstattung las (unter anderem war es auch der Aufmacher im Morgennewsletter des Spiegels) – und leide wie ein Hund, wieder einmal, unter der, wie ich finde, falschen und ungeschickten Kommunikation. Das hier ist kein Befreiungsschlag, kein Entlastungsschritt, es lässt mehr Fragen offen als es klärt, es zeigt nur die persönliche Verletzung der Präses, ihren Zorn darüber, wie ungerecht sie behandelt werde. Nur ein winziger Nebensatz deutet an, dass ihr mehrfach betontes reines Gewissen nicht ganz so rein ist: </p><p style="text-align: left;"></p><blockquote>Ich wünschte, ich wäre vor 25 Jahren bereits so aufmerksam, geschult und sensibel für Verhaltensmuster gewesen, die mich heute alarmieren würden. (bei 2:22 im Video oben)</blockquote><p></p><p style="text-align: left;">Die Betonung des "reinen Gewissens" war es auch, die mich damals, vor dreizehn Jahren, so zornig gemacht hatte beim Umgang von Frau Jepsen mit einem erstaunlich ähnlichen Fall. Ja, beiden ist kein persönliches Fehlverhalten vorzuwerfen. Aber so wie ich damals von meiner Bischöfin irgendwie erwartet hätte, dass sie, auch wenn sie formal nichts falsch gemacht hat, ihr Gewissen quält, so bestürzt mich auch heute der heiße Trotz der Präses.</p><p style="text-align: left;">So wie ich damals nur den Kopf schüttelte, weil die Bischöfin eher scheibchenweise mit Erklärungen herauskam, so verstehe ich nicht, wie es der Präses nach dieser Vorgeschichte wieder passieren konnte. Wieso sie – auch ohne Fakten oder persönliche Daten zu nennen – nicht gleich bestürzt und mit Fragen und Entsetzen und einem Zeichen von Buße kam.</p><p style="text-align: left;">Wieder stehe ich seufzend vor dem Scherbenhaufen falscher, weil ungeübter Krisenkommunikation und Krisenbewältigung einer Organisation, der ich mich ehrenamtlich verbunden fühle. Das ist kein Vorwurf an den früheren Kollegen, der da in Hannover gerade seinen beruflichen Kopf für hinhält, Krise auf dieser Ebene ist ja nicht das, weshalb er da ist und was seine Aufgabe im Tagesgeschäft ist. Aber wie schon wieder die Dynamik so spät erkannt ist, wie schon wieder mit formaler, juristischer Präzision gearbeitet wurde in den ersten Stellungnahmen aus Amt und von der Präses, das ist einfach so furchtbar. War es auch schon vor dreizehn Jahren.</p><p style="text-align: left;">Und so ist es nicht die lässliche Sünde, über die Frau Kurschus fällt. Sondern die Unfähigkeit ihres Umfeldes, mit ihr super schnell und dann offensiv, demütig und transparent voranzugehen. Dass es schon die dritte evangelische Spitzenfrau ist, die wegen lässlicher Sünden zurück tritt (während es meines Wissens nicht einen Mann gab, der es tat), ist dabei ein Muster, das mich zornig macht. Ob in der Politik (AKK, Nahles) oder in meiner Kirche. Aber das ist noch mal ein anderes Thema.</p><p style="text-align: left;">Wäre sie zu retten gewesen? Hätte hätte Fahrradkette, ich weiß. </p><p style="text-align: left;">Aber: ein schnelles Schuldeingeständnis ohne Details, unmittelbare Bestürzung ob der eigenen Rolle (sie deutet es ja in der oben zitierten Passage selbst an, wo sie die heute kritisch sieht), klare Übernahme von Verantwortung als Amt nicht als Person – das wäre vielleicht eine Chance gewesen. Wenn, ja, wenn jemand beim ersten kleinsten Hinweis erkannt hätte, was da kommen kann. Wenn, ja, wenn jemand mit dem gesunden Verfolgungswahn, den jemand braucht, der oder die Krisenprävention macht, in ihrer Nähe gewesen wäre. Wenn, ja, wenn die Piep-piep-piep-wir-ham-uns-alle-lieb-Kultur im Unternehmen Kirche (und ich war lange genug im inneren Kreis, um diese Kultur zu kennen) nicht verhindern würde, eine wie die Präses auch mal brutal und schnell mit unerwünschten Botschaften zu behelligen.</p><p style="text-align: left;">Ich sehe ihre Not und ihre Verletzung. Das macht mich traurig und das macht mich fast ein bisschen versöhnlich am Schluss. Und fast noch zorniger auf die Unzulänglichkeiten des Systems.</p><p style="text-align: left;"><br /></p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com4tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-74622048248157642852023-11-12T15:55:00.017+01:002023-11-12T19:39:48.066+01:00Nie wieder ist jetzt<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgxH3VOnow2WETb3JJ7qzdpkO8sddaDF2bfHKFjCwLzpyDpVqJYuCuejofSRnVE3B1iYQWHmV3ZgsfRgex98ISX04ZOgv14PSbU-ZprQqoUGP9TeiFrQkTZqqB2jIzmoBx93huYcbxcmiRylklK0LEfNJsQmyfLhfSD082VcvhESpUZ2o_jFHMerg/s2048/Mahnwache3.jpeg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="Rund 150 Menschen auf dem Marktplatz, eine Kerze im Vordergrund" border="0" data-original-height="1153" data-original-width="2048" height="360" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgxH3VOnow2WETb3JJ7qzdpkO8sddaDF2bfHKFjCwLzpyDpVqJYuCuejofSRnVE3B1iYQWHmV3ZgsfRgex98ISX04ZOgv14PSbU-ZprQqoUGP9TeiFrQkTZqqB2jIzmoBx93huYcbxcmiRylklK0LEfNJsQmyfLhfSD082VcvhESpUZ2o_jFHMerg/w640-h360/Mahnwache3.jpeg" width="640" /></a></div><p style="text-align: left;"></p><p style="text-align: left;">Nach nicht mal einer Woche, in der wir die Idee hatten und dann die Umsetzung planten, fand also am 9. November die <a href="https://www.haltungsturnen.de/2023/11/man-musste-mal.html">Mahnwache</a> statt. Es kamen dann rund 150 Menschen in Eutin auf dem Marktplatz zusammen, um eine überwiegend schweigende Mahnwache gegen Antisemitismus und für Solidarität mit jüdischem Leben hier und in Israel zu halten. Ich war, ehrlich gesagt, überwältigt. Vor allem, weil ich <a href="https://www.haltungsturnen.de/2023/11/man-musste-mal.html">vorher, als ich die Initiative ergriffen hatte</a>, gar nicht einschätzen konnte, wie die Resonanz wäre. 150 in einer so kleinen Stadt wie Eutin mit einer Einladung, die gerade einmal drei Tage vorher losging und fast nur über Medien passierte, finde ich wirklich toll. <span></span></p><a name='more'></a><p></p><p style="text-align: left;"></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjOaqwDiAmKRGnghb_5fTR1GAF9dV55Dy83dlbYS3c2NQApUrk-r4aFMtTTdgN33EWIemTb3IhsxAy-Gu-2GpeZ3FiLx14OSFzebj9gYn_ll_i2fNMZPMErot4U6KT_JMbFd6N_4Y8ZAjzYnA4Ju5jmcHQc6DuZYhMjrXrKZpnQ-1CDNaY__R4WXQ/s2048/Mahnwache1.jpeg" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="Pastorin Löffelmacher, ich, Bürgermeister Radestock auf den Stufen des Rathauses, Kerze im Vordergrund" border="0" data-original-height="2048" data-original-width="1153" height="236" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjOaqwDiAmKRGnghb_5fTR1GAF9dV55Dy83dlbYS3c2NQApUrk-r4aFMtTTdgN33EWIemTb3IhsxAy-Gu-2GpeZ3FiLx14OSFzebj9gYn_ll_i2fNMZPMErot4U6KT_JMbFd6N_4Y8ZAjzYnA4Ju5jmcHQc6DuZYhMjrXrKZpnQ-1CDNaY__R4WXQ/w132-h236/Mahnwache1.jpeg" width="132" /></a></div>Wie viele Menschen hinterher auf mich zukamen, um mir für die Initiative zu danken, hat mich berührt. Wie viele Menschen bewegt waren von der Mahnwache, auch. Nach drei kurzen Worten (von mir als Organisator eine kurze Begrüßung, dann die <a href="http://www.kirche-eutin.de/ueber-uns/pastorinnen-und-pastoren/" target="_blank">Pastorin</a> und der <a href="https://www.sven-radestock.de" target="_blank">Bürgermeister</a>) haben wir geschwiegen. Und das hat für rund zehn Minuten wirklich still und stumm geklappt. Hätte es bestimmt auch noch länger, wenn ich es dann nicht beendet hätte. Hinterher sind die meisten Menschen noch einige Zeit dageblieben und haben geredet und sich verabredet, was weiter gegen Antisemitismus und für Israel getan werden kann. <p></p><p style="text-align: left;">Und ich bin sicher, darum rede ich so viel darüber, wie ich diese Veranstaltung angeschoben habe, dass es andere ermutigen kann und wird, das nächste Mal ihren Man-müsste-mal-Moment in ein <i>Ich mache jetzt</i> zu verwandeln.</p><p style="text-align: left;">Nach dem Schweigen haben einige noch das Lied <i>Hevenu Shalom Alechem</i> angestimmt. Der ganze Abend war würdevoll und ein starkes Zeichen – und hat es am nächsten Tag auf die <a href="https://www.shz.de/lokales/eutin-ostholstein/artikel/eutin-so-erinnert-ostholstein-an-die-ns-opfer-vom-9-november-45891901" target="_blank">Titelseite der Lokalzeitung</a> geschafft.</p><p style="text-align: left;">Die Fotos dieses Beitrags hat Per Köster gemacht. Und hier seien die Texte, die wir gesprochen haben, dokumentiert. Ich selbst habe die Menschen begrüßt:</p><p style="text-align: left;"></p><blockquote><p style="text-align: left;">Herzlich Willkommen und Danke, dass ihr und Sie alle da seid. </p><p style="text-align: left;">An einem Tag, an dem wir uns an die Pogrome gegen Jüd*innen erinnern. Und an dem wir Jüd*innen hier und überall und in Israel unsere unverbrüchliche Solidarität zeigen.
In einer Zeit, in der Jüd*innen und Menschen, die einen Namen haben, den andere für jüdisch halten, ihre Namen von den Klingelschildern abmontieren. Mitten in diesem Land.
In einer Woche, in der die Chefredakteurin des Feinschmeckers ihr Amt niederlegt, weil sie dieses Land verlassen wird, in dem sie Angst hat. In einem Monat, in dem immer mehr grauenvolle Details rauskommen, wie Menschen aus Gaza Jüd*innen in Israel vergewaltigt, verstümmelt, gefoltert und gedemütigt haben unter dem Jubel ihrer Verwandten und Freund*innen. </p><p style="text-align: left;">Wir sind hier, weil wir das nicht akzeptieren können. Weil wir ein stilles und starkes Zeichen der Solidarität senden. Danke dafür.
Pastorin Löffelmacher von der evangelischen Gemeinde und unser Bürgermeister sagen noch einige wenige Worte und dann lasst uns schweigen.</p></blockquote><p style="text-align: left;"></p><p style="text-align: left;">Danach sprach <a href="http://www.kirche-eutin.de/ueber-uns/pastorinnen-und-pastoren/" target="_blank">Maren Löffelmacher, Pastorin in Eutin</a>:</p><p style="text-align: left;"></p><blockquote><p style="text-align: left;">Das Entsetzen über das, was vor gut einem Monat in Israel passiert ist, sitzt bei mir immer noch tief. Menschen werden von Hamas-Terroristen getötet und verschleppt. Noch immer sind mehr als 200 Geiseln in den Händen der Hamas. Ebenso groß ist aber mein Entsetzen über das, was nach dem 7. Oktober hier bei uns in Deutschland geschehen ist und geschieht – auch hier in Schleswig-Holstein. Nach Angaben des Innenministeriums gab es seit Anfang Oktober mehr als 45 antisemitische Straftaten – im gesamten Jahr 2022 waren es rund 50. </p><p style="text-align: left;">Heute stehen wir hier zusammen und mahnen: „Nie wieder!“ An diesem Abend vor 85 Jahren wurden auch in Schleswig-Holstein jüdische Geschäfte überfallen und Synagogen zerstört. In Lübeck fast alle jüdischen Geschäfte in der Innenstadt. In Elmshorn und Kiel brannten die Synagogen. Gewaltausbrüche gab es auch in Friedrichstadt, Rendsburg, Schleswig, Flensburg, Kappeln, Brunsbüttelkoog, Satrup, Sylt und Föhr, sowie in Bad Segeberg. </p><p style="text-align: left;">Aber was haben die Bilder von brennenden Synagogen, zerschlagenen Schaufensterscheiben und gequälten, gedemütigten und in KZs verschleppten jüdischen Menschen mit den aktuellen Ereignissen zu tun? </p><p style="text-align: left;">Ich meine, wer das Bekenntnis: „Nie wieder Auschwitz!“ ernst meint, muss jetzt aufstehen gegen Antisemitismus in unserem Land. Es kann, es darf nicht sein, dass sich Jüdinnen und Juden in Deutschland nicht mehr in die Synagogen trauen, sich nicht mehr öffentlich äußern mögen und dass Walter Joshua Pannbacker, der Antisemitismusbeauftragter des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Schleswig-Holstein, aus Angst vor Übergriffen nicht mehr alleine auf öffentliche Veranstaltungen gehen mag. </p><p style="text-align: left;">Egal wie man sich zur gegenwärtigen Politik Israels positioniert – sie wird ja auch von vielen Israelis kritisiert – es gilt ein klares Nein zu sagen gegen jede Form von Antisemitismus. Egal, ob er sich in den Taten der Hamas-Terroristen zeigt oder im Jubel über diesen Terror anlässlich von Demonstrationen. Oder ob er die Verantwortung für diesen Exzess bei den Opfern sucht. Nein zu Antisemitismus zu sagen, heißt, darauf zu bestehen, dass auch diejenigen, die sich für die Rechte der Palästinenser stark machen, auch für Israelis die Menschenrechte ohne Einschränkung anerkennen. </p><p style="text-align: left;">Ich stehe hier als Pastorin einer Kirche, deren Mitglieder vor 85 Jahren überwiegend geschwiegen haben. Die kritische Selbstprüfung – im christlichen Glauben nennen wir das Buße – gehört zum Kern biblischer und christlicher Existenz. Deshalb will ich als Pastorin, wollen wir heute nicht wieder schweigend zusehen, sondern mit der heutigen Mahnwache ein Zeichen setzen: Nie wieder!
</p></blockquote><p style="text-align: left;"></p><p style="text-align: left;">Und zum Schluss <a href="https://www.sven-radestock.de" target="_blank">Sven Radestock</a>, Bürgermeister der Stadt. Danach haben wir dann zehn Minuten geschwiegen.</p><p style="text-align: left;"></p><blockquote><p style="text-align: left;">Der heutige Tag mahnt uns, innezuhalten. Zurückzublicken, zu erinnern - und auf heute zu blicken. Zu erkennen, was wir an unserer Demokratie haben. Zu der eben auch Freiheit gehört. Dass jede und jede frei und ungestört und sicher leben kann. Egal, aus welchem Land er kommt – egal, welchen Glauben sie hat. </p><p style="text-align: left;">Und das gilt aus unserer Geschichte heraus besonders für Menschen jüdischen Glaubens. Sie dürfen und sie müssen sich sicher fühlen können. Das sind wir ihnen schuldig. Wir können die Vergangenheit nicht rückgängig machen. Aber wir können und müssen Verantwortung dafür übernehmen. Für das, was unsere Großeltern getan oder zugelassen haben. Nie wieder ist jetzt.</p></blockquote><p style="text-align: left;"></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhNqdyFGzXgdbvIXFe_YIMX7B9SBF0dZL4T5JE90lWKAb0HyPKFlZvptVbiBN1sWS62HzAZm1puQ1b1vk-p5HPBrznBgvuVIUtZCpCxql3jGWSu7QPErAJaL8Dq5Od-P2X7WBAYkS3IifPBCAN0VMRXM0CmJnPU_RKCgpoKPQcRegozwBFFyhp7XQ/s2048/Mahnwache2.jpeg" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="Wir drei auf der Treppe des Rathauses" border="0" data-original-height="1153" data-original-width="2048" height="360" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhNqdyFGzXgdbvIXFe_YIMX7B9SBF0dZL4T5JE90lWKAb0HyPKFlZvptVbiBN1sWS62HzAZm1puQ1b1vk-p5HPBrznBgvuVIUtZCpCxql3jGWSu7QPErAJaL8Dq5Od-P2X7WBAYkS3IifPBCAN0VMRXM0CmJnPU_RKCgpoKPQcRegozwBFFyhp7XQ/w640-h360/Mahnwache2.jpeg" width="640" /></a></div><br /><p style="text-align: left;"><br /></p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-63381652876792125682023-11-06T15:51:00.008+01:002023-11-06T21:57:09.653+01:00Man müsste mal<p>Müsste wirklich mal. </p><p>Müsste mal was tun. </p><p>Ist irgendwie wichtig. </p><p>So ging es mir mal wieder, wie wahrscheinlich vielen anderen auch. Gute Ideen, der kurze Impuls, etwas zu tun. Flagge zu zeigen, die über einen empörten Post irgendwo online hinausgeht. In den allermeisten Fällen bleibt es, zumindest bei mir, bei diesem kurzen Impuls. Aber letzte Woche war das anders. Und so habe ich am Freitag zum ersten Mal selbst eine Versammlung beim Ordnungsamt angezeigt. Für kommenden Donnerstag, den 9. November.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>Denn wer mich schon etwas länger kennt, weiß, dass für mich das Thema Antisemitismus eines ist, das ich seit vielen Jahren treibe. Also der <a href="https://www.haltungsturnen.de/2023/10/ich-frag-ja-nur.html">Kampf gegen Antisemitismus, die Aufklärung über Antisemitismus</a> und so weiter. Und ich bin bestürzt und fassungslos, wenn ich von Freund*innen mit Namen, die andere als jüdisch interpretieren, höre, dass sie ihre Klingelschilder abmontieren. Wenn ich von Freund*innen, die jüdisch sind, höre, wie sie ganz konkret Angst haben. Hier. Nicht in Israel. Das macht mich wütend. Da müsste man doch was tun.</p><p>Mir ist nicht bekannt, ob es offenes jüdisches Leben in meiner Stadt, in Eutin, gibt. Seit letzter Woche lerne ich nebenbei ein bisschen was darüber, aber ich wusste da nichts. Ob sie zur Gemeinde in Kiel oder in Lübeck gehören. Warum die Gemeinde in Kiel sehr leise und unsichtbar ist, bewusst. Als jemand, der sehr viele Privilegien hat und nicht gefährdet ist, müsste ich doch was tun.</p><p>Also sprach ich am 1. November einen Freund an, von dem ich weiß, dass er eigentlich immer weiß, wenn jemand was tut. Wie denn in unserer Stadt (ich lebe da ja nicht direkt, sondern auf dem Dorf, etwas außerhalb) traditionell der Reichspogromnacht gedacht werde. Ob irgendwer was plane. Gerade dieses Jahr. 85 Jahre nach den Pogromen. Gerade dieses Jahr, in dem Jüd*innen nicht sicher sind. Er wusste nichts. </p><p>Also hab ich am Donnerstag, den 2. November, eine Idee entwickelt, was man tun könnte, was man tun müsste. Und eine alte Studienfreundin, die heute Pastorin in Eutin ist, und diesen Freund und noch ein oder zwei weitere Menschen gefragt, ob sie mitmachen würden. Hin und her geschrieben. Einen Text geschrieben und ein Konzept für eine Veranstaltung gemacht. Es lief so mittelgut an. Was wollen wir sagen? Was ist die Botschaft? Worauf konzentrieren wir uns?</p><p>Am Freitag, den 3. November habe ich dann kurzerhand, bevor es ein Bündnis dafür gab, eine Versammlung beim Kreis und der Stadt angezeigt. Und bin jetzt formal der Veranstalter. Morgen (Dienstag, zwei Tage vor der Veranstaltung) findet das Kooperationsgespräch mit Polizei und Stadt und Kreis statt, weil ja der 9. November ein exponiertes Datum ist, vor allem in so einer exponierten Zeit.</p><p>Am Sonnabend hatte ich keine Zeit, denn ich war beim Motorsägenkurs für meine Freiwillige Feuerwehr.</p><p>Am Sonntag, gestern, am 5. November, stand ein Text für einen Aufruf, hatten wir eine Art Bündnis hinter der Idee und der Mahnwache. War klar, dass wir eben eine schweigende Mahnwache machen, mit einigen wenigen kleinen Impulsen vorher. War klar, dass der Bürgermeister und die Pastor*innen an Bord sind, meine eigene Partei auch, weitere werden folgen, da war ich mir sicher.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgfzMDtu8BFLkVXXRQ6pM6lBYQAEDaqndcdyzEqLMTGCZ1I_BJJYPqbst4VmDFrBrjZMU3F_xv6wNgUOVV6j8ZkVXJ5e2YkRRsWHe32wkPvYZ69POZkCSKS8JlVeH_YiTVFHuKW7OaPg6fYA2YEuK4zP7pYKvS6PxGRTdITRGuSpxRaQfnZlLnmuw/s1179/TeaserMahnwache.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="9. November: Nie wieder ist jetzt Mahnwache am 9.11.2023 in Eutin Ort: Marktplatz Eutin Zeit: 17.00 bis 17.30 Uhr Bitte mitbringen: Kerzen in windgeschützten Gläsern" border="0" data-original-height="480" data-original-width="1179" height="260" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgfzMDtu8BFLkVXXRQ6pM6lBYQAEDaqndcdyzEqLMTGCZ1I_BJJYPqbst4VmDFrBrjZMU3F_xv6wNgUOVV6j8ZkVXJ5e2YkRRsWHe32wkPvYZ69POZkCSKS8JlVeH_YiTVFHuKW7OaPg6fYA2YEuK4zP7pYKvS6PxGRTdITRGuSpxRaQfnZlLnmuw/w640-h260/TeaserMahnwache.jpg" width="640" /></a></div><p>Heute (Montag, 6. November) habe ich den Aufruf gestaltet, Medien informiert und die ersten langen und sehr guten Gespräche geführt. Und <a href="https://www.shz.de/lokales/eutin-ostholstein/artikel/eutin-mahnwache-vor-rathaus-zur-solidaritaet-mit-juedischem-leben-45804279" target="_blank">online hat die erste Zeitung heute schon berichtet</a>, morgen wird es gedruckt. Ich stehe da auch mit meinem Namen ein. Ich weiß, dass das gefährlich sein kann. Aber irgendwer muss es ja tun. Die <a href="http://www.kirche-eutin.de/2023/11/06/mahnwache-am-9-november/">Kirchengemeinde hat es online gestellt</a>. Ebenso der <a href="https://gruene-oh.de/aktuelles">Kreisverband meiner Partei</a>. Es bekommt eine Eigendynamik.</p><p>Man müsste mal, habe ich vor einer Woche gedacht. Aber anders als sonst einmal losgelegt. Das geht. Jetzt droht es, mir über den Kopf zu wachsen. Bei der Anzeige habe ich von "5-30 Personen" gesprochen. Ob es dabei bleibt? Weiß ich nicht. Aber es geht. Ist nicht einmal so irre aufwändig, den Stein ins Rollen zu bringen. Eine*r muss es nur tun. Diesmal war ich das. Ein anderes mal wird es jemand anders sein. So lange es jemand ist. Und wir nicht wieder nur sagen, man müsste mal.</p><p>****</p><p>Hier übrigens der Text des Aufrufs. Und wer in der Nähe lebt: kommt doch dazu.</p><p style="text-align: left;"></p><blockquote><p style="text-align: left;">Am 9. November halten um 17 Uhr Menschen aus Eutin und Umgebung eine Mahnwache zur Solidarität mit jüdischem Leben hier und überall ab. Die Mahnwache steht unter dem Motto: 9. November: Nie wieder ist jetzt. </p><p style="text-align: left;">Hintergrund: Vor 85 Jahren, am 9. November 1938, fand die Reichspogromnacht oder auch so genannte Reichskristallnacht statt. Deutsche plünderten und zerstörten überall im Land jüdische Orte und Geschäfte und quälten Jüdinnen und Juden auf grausame Art und Weise. Diese Gräueltaten markierten einen schrecklichen Meilenstein im Versuch, das europäische Judentum auszulöschen. Die Gründung des modernen Staates Israel am historischen Ort, an dem seit 3000 Jahren Jüdinnen und Juden lebten, war eine Konsequenz dieses Versuchs, damit sie für immer einen sicheren Zufluchtsort haben.
</p><p style="text-align: left;">Die Erinnerung an diese Nacht wachzuhalten, heißt, solidarisch mit jüdischem Leben und mit Israel zu sein. Jüdinnen und Juden müssen hier, überall und in Israel sicher sein. Das ist gerade jetzt nicht der Fall. Darum treffen sich am 9. November 2023 um 17 Uhr Menschen auf dem Marktplatz in Eutin – wie an vielen Orten in Deutschland. Sie wollen ein klares Signal aussenden, dass Antisemitismus weder in ihrer Stadt noch irgendwo sonst Raum haben darf. Dafür halten sie eine schweigende Mahnwache ab.
</p><p style="text-align: left;">Die Initiatorinnen und Initiatoren der Mahnwache kommen aus Kirchen, Parteien und Vereinen und rufen zur Teilnahme auf, um ein stilles, starkes und sichtbares Zeichen der Solidarität zu senden.
</p></blockquote><p style="text-align: left;"></p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-75541774608814812852023-10-24T10:27:00.003+02:002023-10-24T15:37:51.386+02:00Worte und Wörter<p>Normalerweise schreibe ich ja nicht so viel über meine Arbeit, weil andere den Ruhm dafür einheimsen sollen, das <a href="http://kahlbohm.com">ist mein Konzept</a>. Über einen Aspekt habe ich aber in der letzten Zeit mit vielen Menschen gesprochen – und gemerkt, dass sie interessiert nachfragten. Darum erläutere ich es einmal etwas. Dabei geht es um das Erfinden von Worten, manchmal auch (nur) Wörtern.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>Im Kern ist meine geheime Superkraft ja, dass ich Strategien in Emotionen umwandeln kann. Das mache ich für Geld. Und das macht einen großen Teil dessen aus, wieso mich Agenturen und Unternehmen als Kreativen und "<a href="https://kahlbohm.com/kreativ">Creative Governor</a>" an Bord holen. Um Große Ideen mit ihnen zu entwickeln und die Geschichte dazu zu erzählen. </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjwSzcDXFyMbzhWAJ37vVuerID3jTCYT7GJPtND3K6Cf3KAlmXWCP9Wk8t06HSwz17ezEjOVmrxBj7iyZ0kZaGx5yABFQ6N6n36syJQ-l-sJ80bSljAg9dNTLHArmNgrFRJH7Bh-MiWW6qTBsaFMrvGaqvpw7cNogYXXw_1u-CanjNxn6GXF9C09A/s1280/Folie2.png" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="Creative Governance. Oder: die Schönheit der Großen Idee." border="0" data-original-height="720" data-original-width="1280" height="360" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjwSzcDXFyMbzhWAJ37vVuerID3jTCYT7GJPtND3K6Cf3KAlmXWCP9Wk8t06HSwz17ezEjOVmrxBj7iyZ0kZaGx5yABFQ6N6n36syJQ-l-sJ80bSljAg9dNTLHArmNgrFRJH7Bh-MiWW6qTBsaFMrvGaqvpw7cNogYXXw_1u-CanjNxn6GXF9C09A/w640-h360/Folie2.png" width="640" /></a></div><p>Teil der Magie dieser Geschichte sind die Wörter und die Worte, die wir benutzen, um sie erfahrbar zu machen. Um ihren emotionalen Haushalt zu möblieren. Um den Raum auszuleuchten, der zwischen den Fakten und den Gefühlen entsteht. Und oft gibt es für diesen Zweck keine Wörter.</p><p>Vielleicht ist es meine Liebe zur expressionistischen Lyrik, zu Trakl, zu Stramm, die mich hier etwas mutiger sein lässt als andere. Jedenfalls funktioniert es faszinierend gut und führt oft zu erstaunlichen Reaktionen, dass ich Wörter und Worte erschaffe, die klar und eindeutig sind, vor allem emotional eindeutig, und dennoch neu und frisch und irgendwie ungehört, obwohl sie sich anfühlen, als ob es sie schon gäbe.</p><h4 style="text-align: left;">Und weil das so furchtbar theoretisch klingt, ein Beispiel, das ich hiermit in die freie Wildbahn entlasse: <i>zukunftsmächtig</i></h4><p style="text-align: left;">Wahnsinnig oft gehört heute das ausgelutschte und aussagefreie Adjektiv <i>innovativ</i> zur Selbstbeschreibung von Unternehmen. Damit kann ich so gar nichts anfangen. Es differenziert nicht, es löst nichts aus, ich sehe nichts. Was soll das überhaupt sein? Ja, mir ist schon klar, was Innovation ausmacht, es gab vor Jahren mal eine total tolle brand eins-Ausgabe darüber, seitdem weiß ich, was Innovator*innen von Erfinder*innen unterscheidet. Aber meine Arbeit, meine Suche, startet hier erst.</p><p style="text-align: left;">Eine meiner Wortschöpfungen, die es geschafft hat, das, was sie eigentlich sagen wollten, wenn sie von innovativ sprechen, anschaulich, fühlbar zu machen, war <b>zukunftsmächtig</b>. Das löste im Workshop und löst seitdem in Gesprächen direkt eine körperliche Reaktion aus. Eine Veränderung der Blickrichtung (also ganz wörtlich, nicht übertragend), eine Bewegung des Kopfes (wieder ganz wörtlich, nicht übertragend). </p><p style="text-align: left;">Solche Wörter suche ich. Wie so ein Innovator, also oft durch Kombination von Wörtern, die es schon gibt. Um solche Wörter herum entstehen Worte und Geschichten. Und am Ende dann die Governance für Taktiken und Exekution.</p><p style="text-align: left;">Und das beste an solchen Wörtern ist, dass sie, wenn sie gut und originell sind, das entfalten und beschreiben, was ich die <i>tiefe menschliche Wahrheit </i>nenne. Oder, in Agentur-Sprech, das <i>Human Insight</i>.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgId1hXzyvjs8b9j0ABK86utUoE7cN3ereDD8xXQ3VoLC_L-d8-iysEkxcr2MxD3KyqIzlqI2VAxy4qMbAw26eEDSZ5CWWI9SoxeXtIqDr5utWRctMrpZUFbHACRDeoD1h9XXrSlBE3xh-d85eqYOfo4rpVA-A24sFGIqIGIpDomsTNcmWuXd7BGw/s1280/Folie16.png" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="Insight: Eine grundlegende emotionale Wahrheit, die intuitiv so klar und natürlich ist, dass es sich anfühlt, als ob ich mich an etwas erinnere, das ich schon immer gewusst habe." border="0" data-original-height="720" data-original-width="1280" height="360" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgId1hXzyvjs8b9j0ABK86utUoE7cN3ereDD8xXQ3VoLC_L-d8-iysEkxcr2MxD3KyqIzlqI2VAxy4qMbAw26eEDSZ5CWWI9SoxeXtIqDr5utWRctMrpZUFbHACRDeoD1h9XXrSlBE3xh-d85eqYOfo4rpVA-A24sFGIqIGIpDomsTNcmWuXd7BGw/w640-h360/Folie16.png" width="640" /></a></div><p style="text-align: left;"><br /></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><p></p><div style="text-align: left;"><a href="https://kahlbohm.com/kontakt">Und das mache ich auch gerne für euch</a>.</div><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjwSzcDXFyMbzhWAJ37vVuerID3jTCYT7GJPtND3K6Cf3KAlmXWCP9Wk8t06HSwz17ezEjOVmrxBj7iyZ0kZaGx5yABFQ6N6n36syJQ-l-sJ80bSljAg9dNTLHArmNgrFRJH7Bh-MiWW6qTBsaFMrvGaqvpw7cNogYXXw_1u-CanjNxn6GXF9C09A/s1280/Folie2.png" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><br /></a><p></p></div><p></p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-9830370658753556892023-10-11T19:06:00.012+02:002023-10-12T09:51:13.013+02:00Ich frag ja nur<p>Mich macht es wirklich fertig, wenn ich die Berichte von Menschen in Israel lese oder von ihnen höre. Wie wirklich alle, zu denen ich Kontakt habe, jemanden verloren haben oder jemanden kennen, die jemanden verloren haben. Und schon "verloren" ist so falsch. Denn das klingt so passiv, niemand ist ja wirklich schuld, wenn ich etwas verliere. Mir ist Sprache wichtig, mir sind Worte und ihre Wirkung wichtig. Darum einige Fragen und Anmerkungen. Und im Übrigen ein Verweise darauf, dass ich dazu schon <a href="https://www.haltungsturnen.de/2017/06/das-wird-man-ja-wohl-noch-mal-sagen.html">häufiger</a> was <a href="https://www.haltungsturnen.de/2014/07/unbewusster-antisemitismus.html">geschrieben</a> habe die <a href="https://www.haltungsturnen.de/2009/02/es-gibt-keine-entschuldigung-fur.html">letzten</a> vielen <a href="https://www.haltungsturnen.de/2014/07/meinung-kontext-bilder-medien.html">Jahre</a>.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><h4 style="text-align: left;">1. "Die Palästinenser*innen" </h4><p style="text-align: left;">Damit fängt es ja schon an, dass Leute die Erzählung und Selbstbezeichnung der Araber*innen weitererzählen, die sich anfingen, Palästinenser*innen zu nennen, nachdem sie erfolglos versucht haben, alle Jüd*innen in Palästina zu töten oder zu vertreiben. Bevor ihr Terror und Krieg gegen die Jüd*innen so krachend scheiterte, gab es noch kein "Volk" mit diesem Namen. Aber damit die Menschen aus Palästina, die sich am Krieg der umliegenden Länder gegen die Jüd*innen beteiligt hatten, nicht in ihren Ländern aufgenommen werden mussten, haben sie schnell ein Volk erfunden, das sie in Flüchtlingslager sperren konnten. Ich finde ja nicht, dass wir diese Erzählung einfach so kommentarlos übernehmen sollten.</p><h4 style="text-align: left;">2. Aber die Autonomiebehörde</h4><p style="text-align: left;">Immer wieder höre ich in der Berichterstattung, beispielsweise, wenn der EU-Außenbeauftragte Borell zu Wort kommt, dass es ja um die Hamas gehe und die Autonomiebehörde die "Guten" wäre. Also die Institution, deren Chef sein ganzes Leben Vernichtungsfantasien über Jüd*innen hatte und hat, der ein astreiner und eindeutiger Antisemit ist. Erinnert sich noch jemand an den Skandal, als Scholz gepennt hat neulich, als Abbas in Berlin war? Das ist die Autonomiebehörde.</p><p style="text-align: left;">Dazu kommt: Ja, vielleicht habe ich es nicht gesehen, bitte gerne, zeigt mir, wo das stattfand – aber wo waren die Demonstrationen, die Proteste der Menschen in Gaza oder der Westbank, als am Sonnabend und die anderen Tage seitdem Israel mit Krieg überzogen wurde? Selbst in Russland gab es nach dem Überfall auf die Ukraine Proteste. Da mag es einen gewissen Sinn ergeben, zwischen einem Terrorregime und der Bevölkerung zu unterscheiden. Aber wo kann ich das bei den Menschen in Gaza oder der Westbank? Ich habe eher den Eindruck, dass dort eine Zustimmungsdiktatur herrscht, also wie damals in Deutschland.</p><h4 style="text-align: left;">3. Konflikt? Terror? Krieg?</h4><p style="text-align: left;">Ich weiß nicht, wie ich das nennen soll, das gerade gegen Israel stattfindet. Aber bestimmt nicht "Nahost-Konflikt" oder "Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hamas" oder so. Denn das benennt nicht, wer hier wen überfallen hat. Terror könnte es sein, auf der gleichen Ebene wie Utøya. Wie Christchurch. Ein Krieg ist es sicher, ein Krieg gegen Israel und nicht zwischen Israel und anderen. Was mich etwas zögern lässt bei dieser Formulierung ist nur, dass das Zentralorgan der Niedertracht diese auch nutzt. Vielleicht sollte ich "Angriff auf Israel" sagen.</p><h4 style="text-align: left;">4. Solidarität, ABER...</h4><p style="text-align: left;">Für mich ist immer der wichtigste Test, die wichtigste Frage, die ich Menschen stelle, die sich zu Israel äußern, ob sie das gleiche, die gleiche Forderung etc. auch an - sagen wir mal - die Ukraine stellen. Wenn nicht, spricht aus ihnen Antisemitismus, so als grobe Richtschnur. Denn dann ist es die Spielart des Antisemitismus, die wir historisch als die des "ewigen Juden" bezeichnen. Die Fixierung auf Israel. Wie oft wurde die Ukraine ermahnt, sich doch bitte schön an das Völkerrecht zu halten? Ja, es gibt Spinner*innen, die von der Ukraine eine Kapitulationsfrieden erwarten. Die Schnittmenge zu den Antisemit*innen ist da sehr groß. Erschreckenderweise auch aus den beiden gleichen politischen Milieus.</p><p style="text-align: left;">Wer sich nur mit einem "aber" zu Solidarität durchringen kann, meint es nun mal nicht Ernst. Solidarität ist bedingungslos, in dem Sinne, dass es keine Bedingung geben kann, die meine Solidarität mit einem Vorbehalt versieht. Ich darf alle, mit denen ich solidarisch bin, kritisieren. Immer. In ihr Gesicht, nicht hinter ihrem Rücken. Aber ich bin immer solidarisch. </p><h4 style="text-align: left;">5. Die Zivilist*innen</h4><p style="text-align: left;">Dies lässt mich ratlos zurück, also ratlos darüber, wieso jemand so spricht. Es ist falsch, immer wieder zu betonen, der Angriff sei vor allem deshalb so abscheulich, weil er Zivilist*innen traf. Was heißt denn das? Er wäre ok, wenn er "nur" Soldat*innen gegolten hätte? Oder Beamt*innen? </p><p style="text-align: left;">Und: Wer mit der Logik des Kriegsrechts auf den Angriff auf Israel blickt, verschleiert sich und anderen, dass die Angreifer*innen die Jüd*innen VERNICHTEN wollen. Ins Meer treiben. Das Land von ihnen "säubern". Da kann es keinen Krieg von Armeen gegen Armeen geben. Da gibt es nur den totalen Krieg. Und zwar exakt so, wie Goebbels ihn verstanden hat in seiner Sportpalast-Rede. Das ist exakt die Tradition, in der Abbas und die Fatah und auch die Hamas stehen. Beide. Gemeinsam. Das ist die Tradition, in der Kinder in Gaza und in der Westbank von europäischem Geld bezahlt unterrichtet und erzogen werden in den Schulen. </p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-55255957684081050992023-10-09T09:48:00.008+02:002023-10-10T09:47:59.707+02:00Verzweifelter Mut<p>Das letzte Mal, habe ich den Eindruck, ging es mir so, als ich noch ein Jugendlicher war, vor 35 Jahren oder 40. Diese merkwürdige nagende Gleichzeitigkeit von freudiger, die Zukunft liebender Erregung und gleichzeitiger tiefer Verzweiflung angesichts der Welt und der Menschen um mich herum. </p><p>Damals waren es auf der Habenseite eher so Sachen wie Verliebtsein oder Musik oder Lesen. Und auf der Sollseite die entstehende Festung Europa, die Ignoranz der Erwachsenen für Frieden und Umwelt, die immer dreisteren Nazis. Als mir das bewusst wurde, machte mich das in der letzten Woche sehr, sehr traurig. Weil es sich so anfühlte, als wären wir wieder an der gleichen Stelle. Nur irgendwie krasser. <span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>Und da war dann dieser Gefühlsmix wieder, als ich voller Freude, Liebe, Erregung den Ältesten ansah, der am Wochenende heiratete. Am gleichen Tag, an dem seine Nachbarn über Israel herfielen, einen Tag bevor weit über 60% der Wählenden in Bayern populistische und rechte Parteien wählten. Bevor Nazis doppelt so viele Stimmen bekamen wie Sozis. </p><p>Der Sonnabend war wunderbar. Ohne dass ich einmal das Handy anmachte, außer um Fotos zu machen. Und am Sonntag dann plötzlich der wahnsinnig dicke Knoten im Magen, als ich die Nachrichten vom Vortag sah. Ich dachte, ich wäre zu alt für diese Achterbahnfahrt, für die Wechseldusche. In der sich Liebe und Mut mit Verzweiflung ablösen. In der ich mich ganz und gar zu Hause und geborgen fühle und im nächsten Moment heimatlos und ohne Zukunft. </p><p>Tatsächlich habe ich auch damals nicht aufgegeben, waren die Liebe und die Hoffnung stärker. Und es fühlte sich lange an, als hätte sich das gelohnt. Als wäre das richtig gewesen. Werde vieles besser. </p><p>Vielleicht wirft es mich darum so um. Weil sich nichts verbessert hat am Ende. Weil es die gleichen Dinge sind, die mich zweifeln und verzweifeln lassen. Weil alles noch viel schlimmer ist und ich mich zusätzlich auch noch politisch wieder am gleichen Scheideweg befinde wie vor 30 Jahren. </p><p>Vor 40 Jahren haben wir über die Festung Europa geredet und ein Schreckens-Szenario gesehen, in dem der absolute worst case viel rosiger war als die Realität heute ist. Zehn Jahre lang wurde dann meine politische Heimat mürbe geschossen, bis sie 1992 dem Nazi-Mob nachgab. Und heute passiert das gleiche mit meiner politischen Wahlheimat. Und ich merke, wie mir die Kraft schwindet, das noch einmal ertragen zu wollen. Noch einmal aktiv zu werden. </p><p>Und dann sehe ich meine Kinder und ihr Leben und ihre Wünsche und Hoffnungen und Liebe – und bin glücklich. Könnte platzen vor Glück und auch ein bisschen vor Stolz. Und bin wieder in dieser Achterbahn. Und frage mich, wie alles gut werden kann. Und merke, dass mir viel Glaube abhanden gekommen ist, der Liebe und Hoffnung trug. </p><p>Und dann hebe ich doch den Kopf und gehe weiter. Weil ich es nicht anders kann. Nicht anders will. Sondern zusammen mit der Frau, die ich liebe, und den Menschen, die ich liebe, auf eine andere Art, aber liebe, um die Zukunft ringen mag. Ringen kann. Muss. </p><p><i>Update 10.10.:</i> Dietrich Bonhoeffer schrieb 1942: „Optimismus ist keine Ansicht über eine gegenwärtige Situation, sondern er ist eine Lebenskraft, eine Kraft der Hoffnung, wo andere resignieren, eine Kraft, die die Zukunft niemals dem Gegner lässt, sondern sie für sich in Anspruch nimmt. (…) Mag sein, dass der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.“ (ht <a href="https://www.linkedin.com/posts/matthias-jung-347140162_eben-komme-ich-von-der-solidarit%C3%A4tsdemo-f%C3%BCr-activity-7117197633999237121-tL5w" target="_blank">Matthias Jung</a>)</p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-68368212566444578012023-09-12T16:33:00.001+02:002023-09-13T10:49:34.650+02:00Niederlage<p style="text-align: left;">Einer der grauenvollsten Tage war der, den ich in <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Lidice#Massaker_und_Zerstörung_1942">Lidice</a> verbrachte. Ich habe sehr geweint. Noch nie vorher war mir das Grauen des faschistischen Vernichtungskrieges so nah. </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Peter_Stehlik_2009.05.12_Lidice_002aa.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;" title="PS-2507 (Peter Stehlik), CC BY 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/3.0>, via Wikimedia Commons"><img alt="Peter Stehlik 2009.05.12 Lidice 002aa" src="https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/a/a5/Peter_Stehlik_2009.05.12_Lidice_002aa.jpg/512px-Peter_Stehlik_2009.05.12_Lidice_002aa.jpg" width="512" /></a></div><p style="text-align: left;"><span></span></p><a name='more'></a><p></p><p style="text-align: left;">Auf diesem Platz habe ich lange gesessen und gebetet und um Vergebung für meinen Urgroßonkel und meine Großväter gebeten. Einer war in der Waffen-SS, einer stand später dazu, mit einiger Scham, gerne in der HJ gewesen zu sein. Alle drei waren als ältere oder sehr junge Männer Teil der Armee, die den Vernichtungskrieg geführt hat. Auch wenn es noch acht Jahre vor der Wehrmachtsausstellung war, dass ich in Lidice stand, war mir schon klar, was viele auch während der Ausstellung noch nicht wahrhaben wollten - dass die deutschen Soldaten eben ganz überwiegend Täter und aktive Teile der Vernichtung waren. Lidice ist vielleicht der beste Ort, um das zu begreifen. Gut zwei Jahre später, als ich vor Picassos <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Guernica_(Bild)">Guernica</a> stand, habe ich es das zweite Mal gefühlt und erlebt, die Scham, die Lähmung, die Verzweiflung.</p><p style="text-align: left;">Zwei Jahre vor meinem Besuch in Lidice (es war lange vor dem Umbau und der Renovierung der Gedenkstätte, ich erinnere mich noch gut an den verwilderten Rosengarten) hatte von Weizsäcker seine berühmte Rede gehalten, in der er den 8. Mai 1945 als <i>Tag der Befreiung</i> bezeichnet hatte. Den Historikerstreit (in meiner Erinnerung waren es wirklich nur Männer) haben wir in der Schule verfolgt. Ich habe immer mit Weizsäckers Framing gefremdelt. Ja, ich weiß, dass es für die meisten alten Menschen, die ich nicht kannte, schon ein großer Schritt war, dass über das Kriegsende anders als in Trauer über die Niederlage geredet wurde. Dass es ein großer Schritt war, um anzuerkennen, dass sehr viel von dem, was in meiner Umgebung an kleinbürgerlichem Wohlstand entstanden war, der Arisierung und dem Raub der Soldaten in den überfallenen Gegenden Europas zu verdanken war. Dass eine Kriegsniederlage eines Volkes von den Nachfahren dieses Volkes positiv gesehen werden konnte.</p><p style="text-align: left;">Aber ich fand auch damals schon die Idee der Befreiung falsch. Zwar wurde Europa und wurden die Opfer der Deutschen von den Deutschen befreit, das schon. Es war ein Tag der Befreiung, aber nicht für die Deutschen sondern von den Deutschen. Und das habe ich als Deutscher, der 1969 geboren ist, bejubelt, auch schon vor 1985. Aber nicht Deutschland wurde befreit. Sondern Deutschland hat eine selbst verschuldete und selbst gewollte Niederlage erlitten.</p><p style="text-align: left;">Ich spreche darum bis heute lieber von einer Niederlage, weil es deutlich macht, dass die <a href="https://www.haltungsturnen.de/2023/04/ratten.html">Zustimmungsdiktatur</a> besiegt wurde. Und damit ein Land, das bis zum Schluss weitgehend seine Diktatur unterstützt hat, ihr zugestimmt hat. Bis kurz vor Schluss ging es den Deutschen in ihrer Mehrheit ja auch gut. Das Kleinbürgertum ist aus der Umverteilung akademischen Wohlstands aufgestiegen. Zu einem Zeitpunkt, als fast ganz Europa von den deutschen Soldaten ausgeraubt und in Schutt und Asche gelegt wurde, ging es denen in der Heimat gut, nicht zuletzt, weil die Soldaten Dinge nach Hause schickten. </p><p style="text-align: left;">In gewisser Weise wurden die Deutschen vielleicht auch befreit am Ende, aber eigentlich ist das eine Geschichtsklitterung, denke ich. Denn befreit wurden vor allem die anderen. Von Deutschland und den Deutschen. Lidice und Guernica machen sehr eindrücklich deutlich, wovon die anderen befreit wurden.</p><p style="text-align: left;">Wenn in diesen Tagen vor allem Nazis, Faschist*innen und andere böse Menschen denen zustimmen, die es nicht skandalös finden, den 8. Mai als Niederlage zu sehen, ist das trotzdem schlimm. Zumal ich gerade dann, wenn ich es als Niederlage sehe, ja wohl mit den Sieger*innen anstoßen und feiern kann. Ja muss. Sollte. Will. Und voller tiefer Dankbarkeit an ihren Sieg denken. Und mich schämen, dass das Volk, in das ich hineingeboren wurde, es eben gerade nicht geschafft hat, sich zu befreien, weil es in seiner Mehrheit gar keinen Grund sah, befreit zu werden, weil es eben zustimmte. </p><p style="text-align: left;">Ich freue mich jeden Tag und feiere jeden Tag, dass Deutschland seinen Krieg verloren hat. Und dass die Menschen in Europa von Deutschland befreit wurden. Das ist ganz wunderbar.</p><p style="text-align: left;"> </p>
Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-35171022206719816072023-09-06T11:01:00.009+02:002023-09-07T11:03:39.270+02:00Das ist purer Rassismus<p style="text-align: left;">Mein Landkreis ist gerade sehr unrühmlich in den Schlagzeilen. Und nun kommt noch ein Landrat dazu, der sich rassistisch äußert. Dazu gleich. Erstmal ganz grob, worum es geht: Kinder sind letztes Jahr Augenzeug*innen eines extrem brutalen Femizids geworden, als ein schon vorher als gewalttätig aufgefallener Mann seine Frau so stark vor den Kindern im Laden der Familie verprügelte, dass sie an den inneren Verletzungen starb. Die Kinder sind in Pflegefamilien und versuchen, mit denen gemeinsam zurück in das Leben zu finden. Sie haben hier und anderswo in Deutschland keine weiteren Verwandten. Jetzt sollen sie in das Land abgeschoben werden, aus dem ihre Eltern ursprünglich eingewandert sind nach Deutschland. Das älteste Kind hat dort bis zum Tod der Großmutter, bei der es aufwuchs, gelebt, die anderen sind hier geboren, wenn ich das richtig verstanden habe.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p style="text-align: left;"><b>UPDATE 6.9., 11.13 Uhr:</b> Der Landrat hat nach einem Treffen mit den Pflegeeltern die Einzelfallentscheidung getroffen, dass die Kinder zunächst nicht abgeschoben werden, bis ein ordentliches Gerichtsverfahren dazu gelaufen ist. Meines Wissens hat er seine rassistischen Äußerungen bisher aber nicht abgeschwächt oder zurückgenommen.</p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;"><i>Ein disclosure vorweg: Weil ich den neuen Landrat für die falsche Wahl hielt, habe ich letztes Jahr das Angebot gemacht, als Landrat zu kandidieren, was meine Partei aber nicht wollte - nur ein Drittel wollte mich unterstützen, ein gutes Drittel wollte den jetzt mit rassistischen Äußerungen zitierten Kandidaten. Der Landrat wurde vor der Kommunalwahl vom Kreistag gewählt. Ich bin also etwas voreingenommen, weil ich sehr sicher bin, dass ich als Landrat in diesem Fall anders gehandelt hätte (vom Rassismus mal abgesehen).</i></span></p><p dir="rtl" style="text-align: right;"></p><p style="text-align: left;">Zwei Dinge machen mich, abgesehen von allem, was dem Landkreis und den handelnden Personen meines Erachtens als Herzensbildung und Mitgefühl fehlt, wirklich wütend: Zum einen, dass sich die Behörde darauf zurück ziehen kann, dass die Familie so sehr unter dem Schutz der Verfassung stehe, dass der Schutz der Familie wichtiger sei als das konkrete Wohl der Kinder. Das zieht sich ja leider in schwächerer oder stärkerer Form immer wieder durch Entscheidungen zu Kindern. Das ist aber hier jetzt gerade nicht mein Thema, ärgert mich aber seit vielen Jahren sehr.</p><p style="text-align: left;">Zum anderen aber entsetzt mich, wie sich der Landrat zitieren lässt, wie er offenbar begründet, warum er für die Abschiebung der Kinder nach Vietnam ist:</p><p dir="rtl" style="text-align: right;"></p><blockquote style="text-align: left;"><span style="background-color: white;">Derweil findet es der Landrat des Kreises Ostholstein wichtiger, dass die Kinder in ihrem kulturellen Umfeld aufwachsen. Gaarz habe schon einen Antrag zur Genehmigung der Abschiebung beim Familiengericht gestellt, schreibt seine Sprecherin. (<a href="https://taz.de/Landrat-will-Kinder-abschieben/!5955195/" target="_blank">zitiert in der taz von gestern</a>)</span></blockquote><p style="text-align: left;">Was so harmlos daher kommt ("in ihrem kulturellen Umfeld aufwachsen"), ist purer Rassismus. Denn der Satz ergibt nur dann Sinn, wenn das zu ihnen gehörende "kulturelle Umfeld" der Kinder an ihrer Ethnie, an ihrem "Blut" hängt und nicht an dem Ort, an dem sie aufwachsen, aufgewachsen sind. Der Satz nimmt an, dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe und Ethnie zu verschiedenen Kulturen gehören. Abgesehen von dem kruden Kulturbegriff ist die Zuschreibung von Kultur aufgrund von Ethnie und Geburt zutiefst rassistisch. </p><p style="text-align: left;">Mich entsetzt, dass es weder der Sprecherin auffällt noch dem Landrat. Und ich erwarte, dass der Landrat sich dazu angemessen äußert. Diese Begründung für die Abschiebung zurück nimmt. Einsieht, dass es rassistisch war. Denn das ist meines Erachtens wichtig. Die meisten Menschen, die ich kenne, mich ganz eindeutig eingeschlossen, haben sich schon rassistisch geäußert. Das ist in einer Gesellschaft, die einen tiefen und erlernten Rassismus hat, auch nur schwer verlernbar. Darum ist es so wichtig, sich dessen immer wieder bewusst zu werden, selbst darüber zu erschrecken, zu lernen – und bei von Rassismus betroffenen Menschen um Entschuldigung zu bitten. In diesem Fall bei den Kindern.</p><p style="text-align: left;">Und ich erwarte, dass "meine" Fraktion, die Grünen im Kreistag und in den Ausschüssen des Kreistags, diese rassistischen Äußerungen kritisieren und ihre Zusammenarbeit überprüfen.</p><p style="text-align: left;"><b>UPDATE: 6.9., 14.30 Uhr:</b> Oder, wie der Hamburger Journalist Claas Gefroi sagt:</p><p dir="rtl" style="text-align: right;"></p><blockquote style="text-align: left;"><span style="background-color: white;">Dass er die Kinder überhaupt abschieben wollte und sie nach dem Verlust der Mutter ein zweites Mal traumatisierte, ist entsetzlich. Hätte er Anstand, würde er zurücktreten. (<a href="https://mastodon.social/@claasgefroi/111017878624045570">auf Mastodon</a>)</span></blockquote>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com3tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-91780252757014408112023-09-05T11:54:00.002+02:002023-09-05T11:55:12.689+02:00Kreuzberg<p>Eine der schönsten Wanderungen, die ich mit der Liebsten gemacht hab, als wir noch wandern waren, ging auf den Kreuzberg. Wir sind in einem Vorort von Gersfeld gestartet, in dem wir in einer Pension waren, und, wenn ich mich recht erinnere, erst über den Himmeldungberg und die Hohe Hölle nach Bischofsheim oder zumindest dran vorbei gelaufen und dann hoch auf den Kreuzberg. Da gab es gutes Bier und gutes Kraut und einen steilen Kreuzweg zum Gipfelkreuz, kurz vor dem Kloster mit seiner Schänke. Und dann wieder zurück, mit etwas schwereren Füßen. Insgesamt mehr als 25km, das weiß ich zumindest noch.</p><p>Seit dieser Zeit mag ich die Rhön, vor allem diesen Teil da, Lange Rhön, im Dreiländereck. So schade, dass unser großes Familientreffen dieses Jahr woanders stattfinden muss. Jedenfalls ist es mega schön da am Kreuzberg. Und auch, wenn die Einheimischen weit von sich weisen würden, dass es in Bayern liegt, gehört der Ort zumindest zum Bundesland Bayern.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>Meistens, wenn wir dort in der Gegend waren, sind wir aber auf den Heidelstein gelaufen, das ist flacher, weil wir von höher starten. Ich erinnere mich noch gut an eine Wanderung im dichtesten Nebel, den ich je erlebt hab (und he!, ich lebe in Schleswig-Holstein, dann will das was heißen), wir waren mit allen Kinder unterwegs und die beiden jüngeren waren noch echt klein. Und wir sind im Holzberghof eingekehrt wie eigentlich jedes Mal mindestens einmal, wenn wir in der Gegend sind. Es ist da nicht besonders gut, aber es ist ein altes Jagdschloss und mit Glück bekommen wir einen der Tische im Turm.</p><p>Ansonsten verweise ich in der Frage, ob ich Deutschland sei (denn das wurde mir ja mal eingeredet, damals, 2005), auf <a href="https://www.haltungsturnen.de/search?q=du+bist+deutschland">das, was ich dazu damals geschrieben habe</a>, finde ich aus verschiedenen Gründen ganz interessant, auch, weil es einen Blick auf einen anderen ermöglicht, der dann recht bald sehr falsch abgebogen ist, aber auch damals schon böse war, ich wollte es nur nicht so genau sehen, wofür ich bei der einen oder anderen um Entschuldigung bat einige Zeit später. Weil es richtig ist, dazu zu stehen, wenn ich in jungen Jahren fiesen Blödsinn mache. Und um Verzeihung zu bitten.</p><p>Über den anderen Ort mit diesem Namen schreibe ich dann morgen oder so. Ich hab da mal ein halbes Jahr versucht zu wohnen und zu arbeiten.</p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-66335825892509324122023-08-29T15:43:00.003+02:002023-08-29T22:11:22.114+02:00Kostüm<p>Bei irgendeinem dieser Internet-Tests, welche Bridgerton-Figur ich sei, kam mal Anthony raus, was mich ziemlich getroffen hat. Fand ich mega unfair. Insbesondere, seit ich die Bücher lese (ich bin gerade bei Francesca). Insgesamt aber muss ich zugeben, dass ich sowohl die Serie als auch die Bücher erstaunlicherweise mag.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p>Zuerst sah ich die beiden Staffeln der Serie. Dabei, das sagte ich schon mal, glaube ich, war ich ziemlich irritiert, als sich herausstellte, dass sie – anders als ich es vorher gelesen hatte – eben nicht farbenblind besetzt ist (was ich toll gefunden hätte, ich finde das tatsächlich auf eine sehr angenehme Art anregend, wenn ein Film oder eine Serie, vor allem mit einem historischen Stoff, farbenblind besetzt wird). Sondern die Besetzung mit nichtkaukasischen Schauspieler*innen genutzt wird, um eine irgendwie utopische Nebengeschichte zu erzählen. Die besonders abstrus wird in der Seitengeschichte über Queen Charlotte. Aber das nur am Rande. Ich bin da weder Experte noch emotional involviert.</p><p>Es ist einfach so, dass ich das Setting mag, wahrscheinlich durch meine große Liebe zu allen Jane Austen Verfilmungen (auch und gerade zu denen, die weit weg sind von der Literaturvorlage, aber eine ganz eigenständige Erzählung führen wie die neueste Emma-Verfilmung mit ihrer wunderbaren Komik) und ebenso zu den Romanen. Und als die Liebste zur Kur musste, habe ich ihr darum alle Bände der Bridgerton-Bücher geschenkt, die sie in der ersten Hälfte der Kur durchhatte. </p><p>Das zweite Mal habe ich dann die Serie mit ihr zusammen gesehen, was nur der halbe Spaß war, weil ich die Bücher noch nicht kannte, sie aber immer wieder darauf hinwies, wie wenig beides miteinander zu tun hat. Also hab ich angefangen, ebenfalls die Bücher zu lesen. Und auch die sind ein großer Spaß. Nein, keine große Literatur, und schon gar nicht eine "Jane Austen unserer Zeit", wie angeblich irgendwelche Kritiken fabuliert haben sollen, aber ein Spaß. Persönlich könnte ich auf den Porno-Anteil in den Büchern verzichten, aber irgendwas ist ja immer. </p><p>Jedenfalls eine schnelle Nebenbeilektüre, liest sich gut weg, abends mit müdem Kopf und ebensolchen Augen oder in der Saunapause. Und, sagte ich das bereits?, es macht einfach Spaß. Was nicht das geringste Kompliment ist.</p><p>Benedict und Sophie mochte ich gerne übrigens. Die in der Serie aber erstmal übersprungen werden, wieso auch immer.</p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-22776660699703471792023-08-28T08:41:00.009+02:002023-08-29T11:16:21.014+02:00Dummerjunge<p>Was mich besonders ankotzt, excuse my French, sind die Leute, die heute oder damals radikal böses Verhalten von jungen Männern mit <i>Dummerjungenstreich</i> oder <i>Sosindjungsnunmal</i> entschuldklären. Da bin ich schon auf Elternabenden aus der Rolle gefallen, wenn das Teilen von übergriffigen Bildern in der Klassenwhatsappgruppe mehr oder weniger mit Achselzucken beantwortet wurde, sowohl von der Lehrerin als auch von den Eltern der Jungs, anstatt es zur Anzeige zu bringen, um einmal sehr klar zu machen, dass es eben kein Streich ist. Streiche sind nämlich wunderbar.</p><p></p><div class="separator"><a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Antifa_tidyman.svg" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;" title="NielsF et al., CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons"><img alt="Antifa tidyman" src="https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/d/db/Antifa_tidyman.svg/128px-Antifa_tidyman.svg.png" width="128" /></a></div>Und als jemand, der ebenfalls in den späten 80ern in der Oberstufe war, wird es mir so gehen wie allen, die in den späten 80ern in der Oberstufe waren und die politisch nicht völlig verblödet sind. In jeder Klasse oder zumindest in jeder Stufe gab es diese ein oder zwei, die nicht nur wie viele andere hin und wieder miese "Witze" machten und das Kriterium <i>Dummerjunge</i> erfüllten, sondern eben Nazis waren. Die meisten von uns wussten, wer das ist, denke ich. Denn in den 80ern in Westdeutschland, auch in Bayern, ich war da über die politische Antifa-Arbeit halbwegs vernetzt hin, gehörte ein Bodensatz in dieser Größenordnung in die Normalverteilung damals. In der Schule haben sie sich auch nicht immer versteckt. Und sie hatten eine Meinung. <span><a name='more'></a></span><p></p><p>Allzu selten haben Lehrer*innen oder andere Schüler*innen da wirklich gegen gehalten. Ich auch nicht. Es war klar, wo wir jeweils standen, wir gingen uns auf dem Schulhof aus dem Weg. Zumindest in meiner Gegend gab es in dieser Zeit nur sehr selten Schlägereien zwischen den Gruppen. Zum Schlagen gingen die Nazis meistens woanders hin. Nur ein einziges Erlebnis habe ich aus der Schulzeit, wo mal ein Lehrer gegenhielt und den Nazi in der Stufe, als er mit braunem Hemd mit Adler auf der Brusttasche in der Klasse saß, fragte, ob er im Krähenschutzverein sei. </p><p>Jedenfalls wussten alle, dass er kein <i>Dummerjunge</i> war. Und das, was die Autoritären heute verächtlich als Kontaktschuld bezeichnen, war Konsens: Wer mit Nazis rumhängt, stimmt ihnen zu. Darum blieben sie unter sich. Und darum war auch klar: wer mit denen rumhängt oder zusammen zur Schule geht, gemeinsam ankommt morgens, ist auch Nazi (etwas anders war es mit Sport, denn beim Handball oder Fußball konnten wir uns nicht auf gleiche Weise aus dem Weg gehen).</p><p>Darum ist es eben auch egal, ob Hubsi den Nazidreck selbst geschrieben hat oder nicht. Wer in den späten 80ern zur Schule ging, wird mir zustimmen: im Kontext der Zeit ist absolut und zweifelsfrei klar, dass er, wenn er sich nicht aktiv von seinem Bruder fernhielt, wenn er sogar sein Flugblatt in der Schultasche hatte, wenn er eine Strafarbeit für ihn bekam und ihn nicht verpfiff sondern sich solidarisch zeigte, eben auch ein Nazi war. Alle wussten das. Alles wissen das bis heute. Die Sache mit der Ente, die watschelt und quakt. </p>
Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-78375195930895647422023-08-24T10:27:00.003+02:002023-08-24T10:31:13.470+02:00Sommernebel<p>Was ich am Spätsommer besonders schön finde, ist der frühe Morgen. Wenn es noch früh genug hell ist, aber die Wechsel schon so intensiv, dass der Nebel aufsteigt und sich noch ein bisschen hält, bis die Sonne und die Temperatur ihn vertreiben. Ich gehe gerne durch den Nebel. </p><p></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgFEeYdaVti_rUeHOYkmp7hJe7FmTO_DbvniWktJnWvY4bXPZJ2AliwWqNHUu--0zbjrpfNRXalThvu6QRpbcBA2DEkiKONpPFS-VbGxCDxqH-dPJsNCjq8VuvHTARFt6lJ6tShwHKYjizAs-0wS9qsNwXt4_3RUlIJUqeTNPVsRP9GrRl8IueBJA/s4032/IMG_7236.jpeg" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2268" data-original-width="4032" height="360" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgFEeYdaVti_rUeHOYkmp7hJe7FmTO_DbvniWktJnWvY4bXPZJ2AliwWqNHUu--0zbjrpfNRXalThvu6QRpbcBA2DEkiKONpPFS-VbGxCDxqH-dPJsNCjq8VuvHTARFt6lJ6tShwHKYjizAs-0wS9qsNwXt4_3RUlIJUqeTNPVsRP9GrRl8IueBJA/w640-h360/IMG_7236.jpeg" width="640" /></a></div><span>Und mag dieses Gefühl von Watte, vor allem, wenn ich weiß, dass danach ein warmer Tag kommt, etwas Wind, ganz leicht, etwas Sonne. <br /><a name='more'></a></span><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiwYcnElXgUEp8Cj08XKd5Se0mrWfSlKDi4gVN6IwvCMaJoQopb1vIoTz0G2di4iJdJbTKKGzN_ugta6V3k9Qv35-20-eP28OUM6o4S1u1mkVJ8RzLU8wbJsekjhln7kQqnB5Wjb7lBeBpVNqbiDgSOBFgfLTRNh7_J0lj81WXIwzcNoVKjnXqpeg/s4032/IMG_7237.jpeg" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><br /><img border="0" data-original-height="2268" data-original-width="4032" height="360" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiwYcnElXgUEp8Cj08XKd5Se0mrWfSlKDi4gVN6IwvCMaJoQopb1vIoTz0G2di4iJdJbTKKGzN_ugta6V3k9Qv35-20-eP28OUM6o4S1u1mkVJ8RzLU8wbJsekjhln7kQqnB5Wjb7lBeBpVNqbiDgSOBFgfLTRNh7_J0lj81WXIwzcNoVKjnXqpeg/w640-h360/IMG_7237.jpeg" width="640" /></a></div>Aber erstmal genieße ich es, mit den Hunden rüber zu gehen auf die Außenweiden und die Pferde zu versorgen, die Zäune zu kontrollieren, alles für den Tag vorzubereiten. <div><br /><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEizWPOt_5V2mSL2jSXyb07iawb7Q-ex8TKgKFXGPEGVHn5ZWc_hz3p1i02qM3u6F0eYAk-gtj1_bHkVxSL3JAtmHpJNGu3vUMaY1LCN6GDb8sq14NkNh6TiwNqvHRax3ocCQzZ1-bsfIL7O1h3wyQPUpCCOgFt_fRdg8cgD_GCgTb_UypORRu-ivQ/s4032/IMG_7238.jpeg" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2268" data-original-width="4032" height="360" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEizWPOt_5V2mSL2jSXyb07iawb7Q-ex8TKgKFXGPEGVHn5ZWc_hz3p1i02qM3u6F0eYAk-gtj1_bHkVxSL3JAtmHpJNGu3vUMaY1LCN6GDb8sq14NkNh6TiwNqvHRax3ocCQzZ1-bsfIL7O1h3wyQPUpCCOgFt_fRdg8cgD_GCgTb_UypORRu-ivQ/w640-h360/IMG_7238.jpeg" width="640" /></a></div>Und irgendwo dahinten stehen die Pferde unter den Bäumen und putzen sich gegenseitig das Fell und bereiten sich auf ihre Weise auf einen sonnigen Tag vor.</div><div><br /><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi574pPz8JdLd-aBY1QxVzvTA4yN3rMo9m22mA-P8apiB8Hl9LZ7ve7UNOT0ZbYrQaNu1IHjMuoHDq9LDbGIXjL1nm58QdYZySIB1d2PBZuZ-Fa40IKpKoTzhwXsaX1jQp4c4i5ySLqZrKv3gIlXjnYP90IRcP7UboSjwW_jUim_oS-ui97EIjavg/s4032/IMG_7242.jpeg" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2268" data-original-width="4032" height="360" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi574pPz8JdLd-aBY1QxVzvTA4yN3rMo9m22mA-P8apiB8Hl9LZ7ve7UNOT0ZbYrQaNu1IHjMuoHDq9LDbGIXjL1nm58QdYZySIB1d2PBZuZ-Fa40IKpKoTzhwXsaX1jQp4c4i5ySLqZrKv3gIlXjnYP90IRcP7UboSjwW_jUim_oS-ui97EIjavg/w640-h360/IMG_7242.jpeg" width="640" /></a></div><br /> <p></p></div>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5067142.post-30356768356241443812023-08-22T08:48:00.002+02:002023-08-22T08:51:09.194+02:00Vom Fach<p>Groß geworden bin ich mit Fachinformationen, die, als ich sie kennenlernte, noch lose geheftete DIN A4 Blätter waren, die mit der Post geschickt wurden, für eine erheblichen Aufpreis auch per Fax, ich stand mal in einem Ferienjob an dem Faxgerät, über das einer verschickt wurde, bevor ich die Ausdrucke dann eintütete. Preis Punkt: mehrere tausend Mark im Jahr, dafür exklusive Infos, Klatsch, Meinung - und ein erheblicher Wettbewerbsvorteil, beispielsweise in einer Branche wie Rüstungsgüter. Fuchsbriefe, Täglicher Hafenbericht, Platowbriefe, Text Intern. Um nur einige zu nennen. </p><p>Später, Mitte der 90er, hab ich selbst auch mal so ein Produkt für einen Verlag entwickelt, jede Woche sechs Seiten, davon ein langes Interview und eine lange Analyse, zu einem neuen Spezialthema und mit eine Zielgruppe von vielleicht maximal 400 Personen deutschlandweit. Flog allerdings nicht, das modische Thema war auch schnell aus der Mode.<span></span></p><a name='more'></a><p style="text-align: left;">Und meinen Umstieg von Journalismus in die Kommunikationswirtschaft verdankte ich auch einen dieser Dienste, einem der zweiten Generation, in dem ich eine kleine anekdotische Nebeninformation las, mit der ich auf jemanden zuging. Aber das ist noch mal eine andere Geschichte, Edu wird sich erinnern.</p><p>Vielleicht bin ich darum so aufgeschlossen und auch etwas aufgeregt über das publizistische Projekt Table.Media, auch wenn ich den Gründer echt unangenehm finde. Die Idee, im Grunde an diese alten Briefe anzuknüpfen und spitze, vertikale Medien zu schaffen, die mir in Themen, in denen ich drin bin, neue Gedanken und echte Analysen liefern, finde ich wirklich gut. Ich teste gerade den ESG.Table und den <a href="https://table.media/agrifood/">Agrifood.Table</a>. In letzterem wird heute ein Thema ausführlich aufgegriffen, das gestern Frage im Bauausschuss meiner Gemeinde war, in dem ich die Grünen vertrete (Agri-PV). In erstem waren in den letzten Wochen mehrfach wichtige Aspekte für zwei der Projekte drin, an denen ich für Geld arbeite. </p><p>Bisher gefällt es mir. </p><p>Super gespannt bin ich, wie sie mich anfüttern und dann halten wollen oder werden. Denn witzigerweise ist mir klar, dass ich es gerade kostenfrei teste, aber zumindest meine Nutzerreise hat mich bisher noch nicht über eine Preisliste oder etwas ähnliches geführt. Es klingt so, als würden sie mir irgendwann ein Angebot machen. Mal sehen. Auch, ob es so ist, dass ich es diesen Preis wert finde. </p><p>So lange genieße ich den Himmel über Norddeutschland in diesen Tagen. </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjOpegtLuKuqWX4qpi21Sj2wuQsJQzG2VsAVluGrHf1sRjaTAdnLtLqQUPOxJEQb9HXALKyq_p47sLi19KAdfGd_qzFo_IVXbdElRoVkQGNOp3EQhZNfC6ATtGi9mDxzefFGO2bNk6tPDv2ARZ68isOkrWRf6luMPyuerqWiJuppE0TIJnC738Kkg/s4032/IMG_7235.jpeg" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2293" data-original-width="4032" height="364" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjOpegtLuKuqWX4qpi21Sj2wuQsJQzG2VsAVluGrHf1sRjaTAdnLtLqQUPOxJEQb9HXALKyq_p47sLi19KAdfGd_qzFo_IVXbdElRoVkQGNOp3EQhZNfC6ATtGi9mDxzefFGO2bNk6tPDv2ARZ68isOkrWRf6luMPyuerqWiJuppE0TIJnC738Kkg/w640-h364/IMG_7235.jpeg" width="640" /></a></div><br /><p><br /></p>Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachhttp://www.blogger.com/profile/10736771383655658710noreply@blogger.com3