7.3.24

2028

Hast du geschwiegen
Du warst ja nicht grün
 
Als sie der Bürgermeisterin die Scheibe einwarfen
Hast du geschwiegen
Du warst ja nicht in der Kommunalpolitik

Als sie die Arbeitslosen in Zwangsarbeit schickten
Hast du geschwiegen
Du warst ja nicht arbeitslos

22.2.24

Gurren

Auf einmal hatte ich, als ich von den Weiden zurückkam, auf denen unsere Jungpferde stehen, so ein wohliges Gefühl im Magen. So ein Vertrauten, eine tiefe Erinnerung an die Kindheit. Obwohl ich hier ja nicht aufgewachsen bin und an mir Autos vorbeifuhren. Es verwirrte mich zuerst. Bis mir klar wurde, woher es kam.

16.2.24

... und es wird so viel besser, jeden Tag

Gestern schrieb ich darüber, wie mir dauernd das Herz in die Hose rutscht gerade. Und das ist ja auch oft so. Und dann sehe ich doch, wie viel besser so vieles wird, tatsächlich jeden Tag. Wie wir immer noch mehr sind, dauerhaft. Wenn ich lese und wiederlese und höre und erlebe, wie und wo überall Hoffnung und Veränderung ist, wie sich eine Zukunft Bahn bricht, die die, derentwegen mir mulmig ist, nicht werden aufhalten können. Sie werden viele Menschen zu quälen versuchen, etliche töten, andere einsperren, schlagen, versuchen zu zerstören. Für die muss ich, will ich, werde ich kämpfen und für die werde ich diese bösen Menschen, die alles hassen, was ich liebe, hassen, worin ich eine Zukunft sehe, diese werde ich mit allem, was ich kann, bekämpfen. Denn sie werden nicht siegen. Niemals wieder.

15.2.24

Mulmig

Als mich vor ein paar Tagen ein Freund fragte, wohin wir auswandern, war das nicht wirklich lustig gemeint. In seinem Bezirk hatten gerade einige tausend Menschen eine Reichsbürgerin gewählt. Einige Tage vorher quoll zum ersten Mal der blanke Hass auf alles, was grün ist, aus dem Mund zweier Stammtischbrüder. Und wieder einige Tage später schäumten die WhatsApp-Gruppen der Berufskolleg*innen hier auf dem Land vor Wut, weil im NDR eine Expertin, die, wie sie meinten, noch nie eine Schaufel in der Hand hatte, sagte, dass ihr geliebter Anführer in der Vergangenheit schon mal rechtspopulistische Dinge gesagt hätte, was aber nicht stimme, weil er nämlich nicht rechts sei. Damit meinten sie so was offenbar, das nicht rechts sei.

4.2.24

Herzlich Willkommen

Ich freue mich irre doll, dass so viele Menschen in den Widerstand gegen den Faschismus eingestiegen sind. Für viele, mit denen ich in den letzten Wochen sprach, ist es das erste Mal, dass sie bei diesem Thema aktiv werden. Dass dieser Widerstand, der die letzten 35 Jahre eher ein Nischendasein fristete, jetzt Massen erreicht, ist wunderbar. Und ich habe den Eindruck, dass die allermeisten, die seit vielen Jahren hier arbeiten und sich engagieren, mir zustimmen, wenn ich den neuen Mitstreiter*innen ein herzliches Willkommen zurufe. 

In den ersten Wochen dieses massenhaften Widerstands war es auch so, wie erwartet: Menschen, die neu zur Bewegung kamen, schlossen sich an. Und waren mit ihren Plakaten und Schildern dabei. Trugen ihre Wünsche und Themen mit auf die Demos. Die waren dadurch bunt, fröhlich, engagiert, vielfältig. 

31.1.24

Reif

Schon lange interessiere ich mich nicht mehr für Fußball. Irgendwann kurz nach 2006 war das bei mir vorbei. So lange mein Großer noch spielte, war ich hin und wieder mal mit ihm irgendwo. Und so lange mein Opa noch lebte, habe ich das eine oder andere aus dem Augenwinkel verfolgt, weil ich mich darüber mit ihm, dem Fußballspieler, dem "Bomber von Barmbek", dem so sehr unter dem Niedergang des HSV leidenden, unterhalten können wollte. Dann hörte ich noch den 11-Leben-Podcast, aber da ging es ja nicht wirklich um Fußball.

Aber ich bin ja mit Marcel Reif aufgewachsen. Beckmann später habe ich ja wirklich gehasst als Kommentator, aber Marcel Reif war immer da. Zumindest fühlt es sich so an. Ich weiß ja nicht wirklich irgendwas darüber. Könnte nicht mal sagen, ob ich ihn als Kommentator gut fand, das waren ja damals keine Kategorien, in denen ich fernsah.

30.1.24

Was ist was

Als ich gestern Abend darüber las, dass der Verlag in einer irre schnellen Hauruck-Aktion eine Kurzversion eines Was-is-was-Buches über die Demokratie geschaffen und zunächst zum Download zur Verfügung gestellt hat und auch druckt und ausliefert, war ich sehr begeistert. Nicht nur, weil sie dies gemacht haben, so schnell, so gut, so engagiert, so richtig. Sondern auch, weil ich die Was ist was liebe. Seit ich ein Kind war, liebe. 

Viele viele Jahre habe ich jeden Geburtstag und jedes Weihnachten und ganz selten auch mal zu Ostern einen Band bekommen. Und mir zig andere aus der Bücherhalle ausgeliehen. Sie verschlungen und immer wieder gelesen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Bücher den Grundstein für das höchste Lob gelegt haben, das ich später von meinem Deutschlehrer als Tadel bekam, der mich zu anstrengend fand, obwohl ich gut in seinen Fächern war. Der jedenfalls in mein Zeugnis schreiben ließ: "Wolfgang interessiert sich manchmal allzu sehr für am Rande liegende Spitzfindigkeiten". 

14.1.24

Mut nach einer grauenvollen Woche

Die Woche geht so zu Ende, dass ich wieder Mut fasse. Sie war eine Achterbahnfahrt, emotional und auch in vieler anderer Hinsicht: Ein Pferd, das (vorerst) dem sicheren Tod von der Schippe gesprungen ist; das Entsetzen über das, was vor Ort und im Land politisch passiert; die große Freude am Ende über die vielen, vielen Menschen, die heute, am Sonntag, aufgestanden sind und sich in die Innenstädte begeben haben.

11.1.24

Ab jetzt ist es nur noch ein Umsturzversuch

Ja, liebe Landwirtschaft-Kolleg*innen, wir, die wir nicht eurer Meinung sind oder vorher waren, haben verstanden, was euch umtreibt und was ihr wollt. Darum ist es gut, dass ihr demonstriert habt und einige Tage lang quasi alle Seiten der Lokalzeitungen hier auf dem Land gefüllt habt mit euren Positionen und Aktionen. Und ich finde einige Protestformen richtig toll. Beispielsweise die Gummistiefel, die ihr an die gelben Ortseingangsschilder hier auf den Dörfern gehängt habt. Das finde ich kreativ, das bringt mich zum Lächeln, das macht euer Anliegen deutlich wie kaum etwas anderes.

Ja, ich kann verstehen, dass ihr eine Sternfahrt mit euren Maschinen gemacht habt. Etwas weniger verstehen kann ich, dass ihr froh wart, dass viele Fuhrunternehmen und Handwerksbetriebe mit euch gefahren sind – vor allem, weil die meisten unappetitlichen Fahnen und Aufkleber die letzten Tage nicht an euren Treckern waren sondern an deren Autos. Aber am Ende müsst ihr ja selbst wissen, mit wem ihr euch verbünden wollt.

Und damit sind wir bei dem, was mich gerade umtreibt. Denn es sind vor allem zwei Dinge, die mich bestürzen. Zum Einen, dass ihr immer und immer weitermacht und wie ihr das macht. Und zum Anderen, was der Tonfall und der Zungenschlag inzwischen sind. 

8.1.24

Aufstand

Wir leben ja an einer der Landstraßen, die heute (und wenn ich es richtig verstehe, auch in den kommenden Tagen) dafür genutzt werden, dass die Dieselschleudern derer, die heute demonstrieren, und derer, die heute ihren Aufstand beginnen, den gesamten Tag auf und ab fahren. Immer zwischen Stockelsdorf (oder Ahrensbök? Weiß ich nicht genau) und Eutin hin und her. Nun ja. Die Straße ist ja auch vor kurzem auf der kompletten Länge neu gemacht worden, da lohnt es sich wenigstens.

Das, was ich von anderen Orten höre, sehe ich hier auch, wenn ich aus dem Fenster gucke, während ich am Schreibtisch sitze, denn das geht auf die Landstraße raus: etwa zwei Drittel der Fahrzeuge sind LKW und Transporter, ein Drittel Traktoren. Rund 20% mit Transparenten, nur einige wenige mit Flaggen (meist schwarz-rot-gold, einige mit Reichsadler drauf). Teilweise sind es ganze Fuhrparks.